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der Mensch bewahrt dadurch seine Persönlichkeit, wodurch jeder
Pantheismus ausgeschlossen ist.
Spann weist weiters auf die Schöpfungslehre Eckeharts hin. Das
Schaffen Gottes ist eine lautere Einkehr in sich selbst, eine Art
Selbstbetrachtung. In ihr unterscheidet sich das Subjekt vom Objekt,
bzw. der spricht, der Vater, vom Gesprochenen, dem Sohn. Bei
Eckehart können wir eine innere und äußere Schöpfung unter-
scheiden. Das heißt, die äußere Welt kann nur bestehen, wenn sie
zugleich innen bleibt, oder anders ausgedrückt, wenn die äußere
Welt zugleich Teil der inneren Welt ist. Den Schlüssel hiezu finden
wir in der Erschaffung der Seele. Die Seele ist ein „Beiwort“ des
ewigen Wortes. „Solche Einheit mit Gottes Leben macht die Seele
zu nichts Geringerem als zur M i t w i r k e r i n am Schöpfungs-
werke“ (Bd 18, 103). Die Seele also erschafft die Welt in ihrem
schöpferischen Übersein, in der sie mit Gott verbunden ist, da sie
„gote alsô sippe ist“. Hier wird an ein altes, platonisches Ideengut
erinnert — an die Weltseele — und angeknüpft an die Lehre vom Ur-
menschen, dem kosmogonischen Menschen. Danach ist das Weltall
ein einziger großer Mensch. Die Welt ist zwar außergöttlich (ad
extra) geschaffen, aber dennoch stets auch in Gott.
Eng mit der Schöpfungslehre ist die Ideenlehre verbunden, wobei
Spann besonders auf die Setzungslehre Fichtes hinweist. Eine Emana-
tionslehre wie bei Plotin hat bei Eckehart keinen Platz.
An die Ideenlehre schließt sich die Naturphilosophie an. Die Welt
ist bei Eckehart ein Stufenbau, ein System von Entsprechungen, in
dem die Naturdinge ranggemäß geordnet sind. Gott ist im Grunde aller
Kreaturen, und diese streben zu Gott zurück. So ist Gott allen Ge-
schöpfen gleich, und die Natur wird ein Abglanz des göttlichen
Lebens. Wenn der Abglanz verlischt, wenn das transzendente Bewußt-
sein schwindet, tritt der Abfall ein.
„Alle Kreaturen schmecken als Kreaturen (nur) dem äußeren
Menschen, wie Wein, Brot und Fleisch. Meinem inneren Menschen
aber schmeckt nichts als Kreatur, sondern als Gabe Gottes. Mein in-
nerster Mensch aber schmeckt sie (auch) nicht als Gaben Gottes,
sondern als ewig“ (Bd 18, 163). In diesen Worten finden wir den Kern
von der Erkenntnislehre bei Eckehart. Die Seele des Menschen
wird das Organ der mystischen Erfahrung. Die Erkenntnis Gottes