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Als Beispiel für seinen persönlichen Stil sei auf die Wiedergabe
einiger ausgewählter Originalbriefe Spanns im Anhang verwiesen,
die gleichzeitig auch einen Eindruck vermitteln von der sorgfältigen,
zum Teil geradezu gestochenen Handschrift. Stets waren seine
Briefe erfüllt von menschlicher Einfühlung, anteilnehmend gleicher-
maßen an Sorgen und Freuden der Freunde; mitteilend zumeist
immer auch einen Strahl jener seinem Wesen tief innewohnenden
Heiterkeit, die so kennzeichnend für ihn war: er lachte gern, oft-
mals geradezu explosiv, getragen von einer inneren Fröhlichkeit,
die jeweils auch auf seine unmittelbare Umgebung ausstrahlte.
Spann war ein begeisternder Redner, von innen her wirkend,
nicht so sehr rein rhetorisch. Größten Wert legte er auf eine ge-
pflegte Sprache und riet seinen Hörern und Freunden, Sprechkurse
zu nehmen. Er war ein Feind jeder Fremdwörterei in Sprache und
Schrift. Im persönlichen Gespräch, in der wissenschaftlichen Aus-
sprache in Seminaren war er bei aller geistigen Kompromißlosigkeit
und voll echten inneren Kampfesfeuers immer bescheiden.
Spann war von unermüdlichem Fleiß und immer in aktiver Span-
nung. Nie sah ich ihn langsam gehen. Bis auf die Monate seiner
Todeskrankheit gab es in seinem Leben, wie bereits erwähnt, kaum
einen Tag, an dem er nicht wissenschaftlich tätig gewesen wäre. An
den aus Gabelsberger Stenographie übertragenen Manuskripten
seiner Werke feilte er weiter noch in den Fahnen und sogar an den
Umbrüchen. Wurden ihm Aushängebögen eines Buches übersandt,
brachte er bereits für dessen Neuauflage Anmerkungen an. Unun-
terbrochen wurden auf vielerlei Zetteln Anmerkungen, Schrift-
tumshinweise und Gedanken für weitere Auflagen oder für in Arbeit
befindliche neue Bücher gesammelt. (Zur Veranschaulichung siehe
auf S. 70 beigefügte Manuskriptseite aus „Erkenne Dich selbst“ mit
für seine Arbeitsweise ganz charakteristischen handschriftlichen Zu-
sätzen, Einfügungen und Anmerkungen.)
Hans Riehl berichtet über die besondere Konzentrationsgabe und
Schaffenskraft Spanns:
„Es ist unglaublich, wie rasch Spann in der Erfassung einer Ein-
gebung war, wie unermüdlich aber dann in ihrer Verarbeitung. So
erzählte er mir über die Entstehung der Kategorienlehre: ,Ich hatte
immer das Gefühl, daß hinter all den verfahrenmäßigen Einsichten,