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II. Induktives und deduktives Verfahren
Die vielverbreitete Auffassung, daß der Gegensatz zwischen der
abstrakten (österreichischen) und der geschichtlichen Schule ein /
solcher von Induktion und Deduktion sei, ist unzutreffend. Schmoller
sagt, daß die Vertreter der geschichtlichen Forschung durch „zahlreiche
Induktionen“, und indem sie nicht aus e i n e m Motiv, dem
„Eigennutz“, deduzieren, sondern „anderweite Deduktion“ zuhilfe
nehmen, „das Gebiet der bloß hypothetischen... Schlüsse... einengen“ *.
Diese anderweitigen Deduktionen beziehen sich darauf, daß außer dem
Eigennutz auch andere Motive (z. B. der Gemeinsinn) als Prämissen für
das wirtschaftliche Handeln betrachtet werden sollen.
Diese Auffassung, die heute noch vorherrscht und die z. B. auch
Adolph Wagner teilt
2
, beruht auf einem doppelten Fehler. Erstens
verwechselt sie die „Motive“ des wirtschaftlichen Handelns mit seiner
Natur. „Motive“ sind aber nichts anderes als (in naturalistischer,
kausaler Aufmachung) die „Ziele“, denen ja das Handeln nur als Mittel
dient. Wer aus „Gemeinsinn“ handelt, will Ziele bestimmten Inhaltes,
„gemeinnützige“ Ziele erreichen; wer aus Ehrgeiz handelt, will andere
Ziele erreichen: die Ziele tun aber nichts zur Sache, auf das innere
Gesetz des Umgehens mit den Mitteln, welchen Zielen immer sie
dienen, kommt es in der Theorie der Wirtschaft an. Die mangelhafte
Unterscheidung von Mittel und Ziel hat die ganze heillose Verwirrung
der sogenannten „Motivationstheorie“ angerichtet, mit der Schmoller,
Roscher (hingegen nicht auch Knies), ferner Schäffle, Adolph Wagner,
von Philippovich und andere die Verfahrenlehre zu „vertiefen“
suchten
3
.
Die Auffassung, daß der Verfahrenstreit sich um Induktion und
Deduktion drehe, verwechselt ferner die Frage der grundsätzlichen
Bedeutung abstrakten und geschichtlichen Verfahrens mit der, ob die
Deduktion zur Begründung der Wissenschaft aus r e i c h e oder nicht,
das heißt, sie sagt nichts darüber, ob die Deduktion aus dem
1
Vgl. z. B. Gustav Schmoller: Grundriß der allgemeinen Volkswirtschaftslehre, Bd
1, Leipzig 1900, S. 110.
2
Adolph Wagner: Grundlegung der politischen Oekonomie (= Lehr- und
Handbuch der politischen Oekonomie, Bd 1), 3. Aufl., Leipzig 1892, S. 53.
3
Eine Zusammenstellung in meinem Buche: Wirtschaft und Gesellschaft, Dresden
1907, S. 20 ff.