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sie daher die „individualistische Unterstellung“ oder „atomistische
Unterstellung“ nennen.
Unter „individualistischer“ oder „atomistischer“ Unterstellung
verstehe ich folgendes: jede theoretische Überlegung nimmt jeweils in
sich bestimmte, jeweils gegebene Größen, Kräfte und Gebilde zur
Voraussetzung, z. B. gegebene Wirtschafter mit gegebenem Angebot,
mit gegebener Nachfrage, gegebenen Preisen und Werten (die sich /
erst ändern sollen), gegebenen Erzeugungsmitteln und Erzeugnissen
(deren Preis schon gegeben ist), gegebenen Kapitalien höherer
Ordnung, gegebenen Märkten, gegebenen Käufern auf gegebenen
Märkten, gegebenen Gebilden, gegebenen Zielen. Diese Annahme der
jeweiligen „Gegebenheit“ bedeutet aber: daß die gegebenen Kräfte und
Erscheinungen etwas in sich Fertiges, in s i c h s e l b s t
B e r u h e n d e s , in sich Bestimmtes, etwas Autarkes sind, das 1. sich
erst jetzt durch „Einwirkungen“ ändern soll, und das 2. von sich aus auf
andere wirkt! Jede Erscheinung wird dabei wie ein selbstgenügsames
Atom, wie eine in sich selbst bestimmte Punktalkraft, mit einem Wort,
wie ein eigenes, getrenntes E i n z e l n e s behandelt. E i n e s o l c h e
A u f f a s s u n g i s t i n d i v i d u a l i s t i s c h , denn sie ist nur
möglich, wenn man die wirtschaftenden Individuen und ihr Tun als
primäre, sich selbst bestimmende Bestandteile oder Kräfte der
Gesellschaft denkt. Ob der theoretisch Untersuchende dabei bewußt
und planmäßig Individualist ist (Quesnay, Ricardo, Smith) oder ob er
diese Voraussetzung nur als „Unterstellung“ macht, ist gleichgültig.
Das Gegenteil einer individualistischen Annahme ist die
universalistische. Diese wird jeden Wirtschafter, jede auf dem Markt
erscheinende Person, jeden Preis, jedes Angebot usw. nicht als einen
von sich aus bestimmten, in sich beruhenden Faktor, sondern als einen
durch alle anderen Faktoren mitbestimmten Kraftpunkt an- sehen, als
einen durch die Ganzheit primär bestimmten Kraftpunkt, genauer
gesagt: nicht als Atom, das zusammen-gestellt, zusammensummiert die
Wirtschaft ergäbe, sondern als ein G l i e d der Ganzheit der
gesellschaftlichen Wirtschaft, als ein Glied, das nicht in sich beruht,
vielmehr nur eine aus demGanzen abgeleitete Wirklichkeit und Gestalt
besitzt. Diese Theorie wäre z. B., um mit List zu sprechen, weniger
„Theorie der Werte“ als Theorie der „Produktivkräfte“, das ist der
Bildung jener wirtschaftlichen Kräfte und Potenzen, die erst zur
Wertbildung auf dem Markte führen, und zwar