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möglichst unbehinderte Entwicklung der weltwirtschaftlichen Arbeitsteilung. Das heißt
aber: es wird diese Gestaltung der Dinge als diejenige erklärt, die dem individualistischen,
atomistisch gedachten W e s e n der Wirtschaft entspricht (und damit zugleich dem
Lebensmaximum der Wirtschaft).
Wie nimmt sich daneben die Schutzzolltheorie aus? Sie kann die größere Ergiebigkeit
weltwirtschaftlicher Arbeitsteilung keineswegs leugnen — vom Standpunkte des
„Gegebenen“, aber nicht vom Standpunkte dessen, was zum „Gegebenen“ führt, was vor
dem jeweils Gegebenen ist — der Ganzheit der Volkswirtschaft. Denn das jeweils
Gegebene wird nicht als autark angesehen. Mit Rücksicht auf die von der
Schutzzolltheorie behauptete noch unendlich viel fruchtbarere Entfaltung
a l l s e i t i g e r Erzeugung im Innern durch die Gegenseitigkeit, die Ganzheit aller
Erzeugung (Schaffung von „Produktivkräften“ und von „Kapital / höherer Ordnung“)
wird der Ausbau der völkischen Arbeit weit über den der weltwirtschaftlichen
Arbeitsteilung gestellt. Nicht die als gegeben, das ist atomistisch, autark, gedachten
wirtschaftlichen Einzelkräfte werden ins Auge gefaßt, sondern deren Wurzelung und
Wachstum in ihrer Gegenseitigkeit, ihr Gliedsein in der Ganzheit —und dieses gliedliche
Wurzeln und Wachsen wird über augenblickliche autarke Mehrleistung gestellt. Die
Schutzzolltheorie trifft also ihre Entscheidung mit Rücksicht auf die
„gemeinschaftsfördernden Wirkungen“ des Zolles, das heißt aber: mit Rücksicht auf das
nach universalistischer Theorie gedachte Bildungs- und Lebensgesetz (Lebensmaximum)
der Wirtschaft, wobei „Wirtschaft“ eben nicht als eine Summe von Einzelerscheinungen
für sich, sondern als Ganzheit und diese (volkswirtschaftliche) Ganzheit wieder nur als
Teilinhalt der völkischen Gesellschaft und des Staates aufgefaßt wird.
Auch in diesem Falle sehen wir, wie zwei Theorien zunächst nomothetisch die
Leistungen der betreffenden Einrichtungen, Zoll und Zollosigkeit, untersuchen. Die
Grundtatsachen, die beide vor sich haben (vor allem: Mehrergiebigkeit
weltwirtschaftlicher Arbeitsteilung), sind gleich. Aber derjenige, der das innere
Lebensgesetz der Wirtschaft rein atomistisch auffaßt, wird die Untersuchung mehr auf
die unmittelbare Wirkung beschränken, jener, der es universalistisch (und das heißt:
organisch verbunden mit anderen gesellschaftlichen Bereichen) denkt, die Untersuchung
auch auf die innere Gegenseitigkeit, die in aller Wirtschaft herrscht, ja auf deren
Verbindung mit der Gesellschaft erstrecken. So wird jeder der beiden nicht nur ein
anderes als Wesentliches für die Wirtschaft finden, einen anderen Höchstwert zum
Maßstab nehmen, sondern (was ebenso wichtig ist) auch andere Leistungen zur Analyse
aufsuchen! Wieder sieht man also, wie der Wesensbegriff der Wirtschaft für die
zergliedernde Betrachtung jeweils schon vorausgesetzt wird, wie er die A n a l y s e d e r
L e i s t u n g e n s e l b s t l e i t e t .
Dieses Beispiel zeigt, wie Universalismus und Individualismus die
unumgänglichen Denkformen aller Gesellschaftswissenschaft, damit
auch aller Wirtschaftswissenschaft sind. Und gleichwie wir früher
sahen, daß es nicht der Gehalt an Induktion und Deduktion ist, der das
Wesen des volkswirtschaftlichen Verfahrens bestimmt,