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zutreffend. Er kann aber als solcher nur formal sein und darf daher
nicht als Aussage über das m a t e r i a l e System der Bedürfnisse
aufgefaßt werden. In diesem Falle müßte er vielmehr eine prinzi-
pielle Auseinandersetzung mit der f u n k t i o n e l l e n S t e l -
l u n g einer Bedürfniskategorie im G a n z e n d e s m e n s c h -
l i c h e n H a n d e l n s (beziehungsweise der den Bedürfnisarten
entsprechenden Objektivationssysteme im Ganzen der Gesellschaft)
enthalten, was er aber eben nicht enthält und nicht beansprucht.
Vom Gesichtspunkte des materialen Systems der Bedürfnisse aber
(oder ihrer Objektivationssysteme) erscheint das, was für Kraus nur
akzidentiell ist, als Bedingung für ein m a t e r i e l l e s P r i n z i p :
die genetische Abhängigkeit in der Entstehungszeit und die intel-
lektuelle Formung. Dies wird die f a k t i s c h e Gestaltung des
Systems der Objektivationssysteme schon p r i n z i p i e l l beein-
flussen. Indessen kommt dazu ein anderes Moment, das den fakti-
schen systematischen Zusammenhang der Kategorien gesellschaft-
licher Erscheinungen beeinflußt. Es ist darin gegeben, daß einige der
Bedürfnisse, obzwar in sich selbständiger Potenz, doch im Handeln
als reine Medialbedürfnisse, als r e i n e M i t t e l für andere Zwecke
zur Entwicklung kommen können, wie z. B. die Sprache (als System
des gesellschaftlichen H a n d e l n s ) . Diese ist zwar für sich von
selbständiger Gesetzmäßigkeit, kommt aber im Handeln, das ist im
(funktionalen) Z u s a m m e n h a n g d e r G e s e l l s c h a f t nur
als reines Mittel zur Verwirklichung. Wir sehen so, wie die funktio-
neile S t e l l u n g eines Objektivationssystems etwas ganz anderes
ist als die genetische Selbständigkeit des zugrunde liegenden Bedürf-
nisses, anders ausgedrückt: wie das gesellschaftliche System der Be-
dürfnisse oder das System des Handelns gemäß Bedürfnissen etwas
ganz anderes ist als die psychologische Reihe von Bedürfnis k a t e -
g o r i e n. In der psychologischen Ansicht erscheint das Bedürfnis
entweder als selbständige Potenz oder nicht, in der sozialwissen-
schaftlichen als eigener F u n k t i o n s t r ä g e r oder nicht. Dort
gibt es eine Reihe, hier ein System! Da aber ein eigener Funktions-
träger nur auf Grund solcher selbständiger Potenz möglich ist, ist
Krausens Gedankengang für unser Problem von Wichtigkeit, weil er
über die Reihe der Potenzen allgemeine Einsichten enthält.
Die vorstehende rekapitulierende Betrachtung über die Verhält-
nisbestimmung der Objektivationssysteme kann uns zu den in der