D r i t t e r A b s c h n i t t
Der universalistische Begriff des Einzelnen
Wie das Wesen des Einzelnen universalistisch zu denken ist, ergibt sich
aus dem Bisherigen eindeutig. Wir haben nur die wesentlichen Merkmale
herauszuheben und für sich zu betrachten.
I. Der Einzelne als Anlage und als der Einzigartige
Vor allem zeigte sich, daß der Einzelne die geistige Verbindung mit
andern nicht als Fertiger eingeht, nicht schon vor Eingehen der
Verbindung geistig (in bezug auf die beteiligten Vermögen) dasjenige war,
was er nachher sein wird; sondern daß sich erst innerhalb der Verbindung
Geistiges in ihm gestaltet.
Damit ist aber zweitens gegeben, daß der Begriff der Individualität nur
als Anlage oder Vermögen (Potenz, Latenz), welche erst in geistiger
Gemeinschaft (Ganzheit) aktualisiert wird, zurückbleibt.
Beides haben wir bereits oben in anderem Zusammenhange
festgestellt
1
. Hier sei noch folgende Zusammenfassung dieser grundlegend
wichtigen Punkte hinzugefügt.
Die geistige Gezweiung zeigt sich kraft ihrer schöpferischen
Eigenschaft vor allem als solche, in welcher beide Glieder als
W e r d e n d e erscheinen. In beiden Menschen wird ein seelisches
Element geweckt, umgebildet, angefeuert, gestärkt, entwickelt, aber auch
zurückgebildet, richtig gestellt, oder sogar abgetötet, vernichtet. Daher
ergibt sich: n a c h d e m j e m a n d e i n g e i s t i g e s V e r h ä l t n i s
h i n t e r s i c h u n d d u r c h g e m a c h t h a t , i s t e r e i n
a n d e r e r a l s v o r h e r (in bezug auf den betreffenden geistigen
Inhalt).
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Siehe oben S. 149 f.