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wenigstens werden könnte. Für den schöpferischen Geist ist es Vorbedingung, daß er eine

Potenz beim andern und damit einen Aufnehmer vorfindet. Das Schöpfen muß eine Materie

finden, dann kann die Idee als Vorbild selber erst werden und schaffen.

G e b e n d e r u n d N e h m e n d e r v e r h a l t e n s i c h w i e

W i r k l i c h k e i t

u n d

M ö g l i c h k e i t ,

w i e

A k t u a l i s i e r e n d e r

u n d

A k t u a l i s i e r t e r

z u e i n a n d e r .

Noch eine weitere Seite ist wahrnehmbar. Wir sahen vorher, daß zwar

beide Mitglieder der Gezweiung aktiv sind, aber der eine ist der führend

Aktive, der andere hat nur so viel Aktivität, um sich führen zu lassen. (In

den meisten Gezweiungen wechseln die Rollen des Führers, z. B. in der

Freundschaft.) Wesentlich ist nun, daß der führend-aktive, der das

Vorbild schaffende und aktualisierende Freund zum Seelenführer und

Erhöher für den Nachbild schaffenden, aktualisierten (befreiten)

Gefreundeten wird. Von hier aus erschließt sich die wahre Erkenntnis der

E r z i e h u n g i m u n i v e r s a l i s t i s c h e n S i n n e . Erziehung

findet nicht nur zwischen Lehrer und Schüler, Eltern und Kind statt,

sondern überall in der Gezweiung, wo geistige Führung ist; denn Führung

ist zugleich Seelen b i 1 d u n g. Jeder Freund ist der Vater seines

Gefreundeten, jeder Gefreundete das Kind, und beide wechseln

unaufhörlich dabei ihre Rollen.

Gebender und Nehmender verhalten sich wie Seelenführer und

-geführter (Erziehung als allgemeine Eigenschaft der Gemeinschaft).

2. G e g e n s e i t i g e H i n g a b e o d e r S i c h - L a s s e n

Jedes Nehmen ist zugleich ein Geben und jedes Geben ein Nehmen.

Diesen Sachverhalt gilt es genau zu erfassen.

Wenn der das Vorbild schaffende Freund nur schafft — wie wir früher

sahen —, indem er den andern als Resonanzboden, als erweckbar weiß, so

ist sein Schaffen und Geben nur möglich durch das E m p f a n g e n

dieses Bewußtseins — sein Geben nur durch das / Sich-Hingeben oder

Sich-Lassen, Sich-Erwecken-Lassen des Gefreundeten. (Darum ist das

Nehmen des Empfangenden zugleich ein Geben an den Empfänger, ohne

das dieser nicht schaffen, also auch selbst nicht geben könnte.) Das aktive

Schaffen und Geben ist nur möglich durch das Nehmen des sich

Gebenden, sich Überlassenden