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vorschwebte, ihnen aber wegen ihrer fehlerhaften Begriffsmittel
unerreichbar war.
Die f ü n f t e A b h a n d l u n g über „Die vier Grundgestalten
der Wirtschaft“ will wie zur Grundlegung der Wirtschaftsgeschichte,
so auch zu jener der Wirtschaftspolitik beitragen. Sie weist die indi-
vidualistische wie die kommunistische Grundgestalt der Wirtschaft
als wesenswidrig nach.
Jede dieser fünf Abhandlungen ist selbständig, wodurch Wie-
derholungen leider unvermeidlich blieben. Jedoch ist ihr Zusam-
menhang ein solcher, daß in ihnen die Grundlegung für die Ver-
fahrenlehre, für die Wirtschaftstheorie, die Wirtschaftspolitik und
schließlich für die Wirtschaftsgeschichte in universalistischer Syste-
matik gegeben wird.
Im A n h a n g e trat an die Stelle der Abhandlung gegen Max
Weber, die in der zweiten Auflage beigefügt war, aber jetzt ihre
Schuldigkeit getan hat, nunmehr eine andere, all- / gemeinere Fehde-
schrift, die anläßlich des Wiener Soziologentages entstand: „Ein
Wort an meine Gegner“. An Widersachern hat es ja meiner Lehre
nie gefehlt, freilich aber an solchen, mit denen man Staat machen
könnte. Wenn sie so viele unverständige, ja blindwütige Gegner-
schaft hervorrief, so liegt das nur zum Teile an ihrem grundsätz-
lichen Widerspruche zum Zeitgeiste des 19. Jahrhunderts, der auf
unseren Universitäten noch immer vorherrscht; es liegt nicht zu-
letzt auch daran, daß sie an feinfügiger Überlegung und tiefer Ver-
senkung in die Sache mehr verlangt als das bei den überkommenen
individualistischen Lehren nötig ist. „Individualismus“ kann man in
diesem Verhältnisse ohne Übertreibung gleichsetzen mit jener ge-
wissen Plattheit, die sich beim Netzhautbilde des Gegenstandes be-
ruhigt. Denn der Einzelne ist mit Augen leicht zu sehen; der Be-
griff des Ganzen aber ist nicht leicht in seiner Tiefe zu fassen. In
jener Tiefe, die uns erst erkennen läßt, daß auch das Leben des
letzten Einzelnen und des kleinsten Teilchens nur durch das Ganze
gelebt wird und gerade durch dasselbe erst als ein eigenes und freies.
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Individualismus und Marxismus hatten bisher als Wagenlenker
unsere Wissenschaft geführt. Aber was sich früher geistreich gab,