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der gestiegenen Ware auf dem jeweils betroffenen Markt, und an
die Behebung der Knappheit durch Ausdehnung der Erzeugung;
sie denken aber nicht daran, daß die anderen Organteile der Volks-
wirtschaft nun in E n t s p r e c h u n g gebracht werden müssen, am
wenigsten, daß dabei Rückbildungen stattfinden könnten und die
Wirtschaft als v ö l k i s c h e G a n z h e i t in sich beruhen bleibt! —
Universalistisch ist dagegen schon die Vorstellung, daß die Indivi-
duen nicht einfach den Preisen nachlaufen, sondern sich erst fragen:
ob sie im Rahmen aller „Nutzungen“, das heißt aber: der S a c h -
e r f o r d e r n i s s e des ihnen jeweils vorgegebenen Gliederbaues der
Wirtschaft, kaufen dürfen, wie sie ihre Mittel bei richtiger Teil-
nahme an der Gesamtwirtschaft zu g l i e d e r n haben.
Von jeder Seite her gesehen, zeigt sich der Preis als schlechthin
Abgeleitetes, die organische Gliederung der Leistungen aber als das
Erste und Ursprüngliche. Nicht das Durcheinander augenblicklicher
Nachfrage- und Angebotsschwankungen, sondern die G a n z h e i t
d e r V o l k s - u n d W e l t w i r t s c h a f t i s t d i e G r u n d l a g e
d e r P r e i s b i l d u n g .
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VII.
Eigennutz und Wettbewerb
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Nach der individualistischen Auffassung ist Eigennutz und
Wettbewerb ein Erstes, denn Eigennutz ist eine Äußerung der
Autarkie des Einzelnen, Wettbewerb das Zusammentreffen der
Eigennutze auf dem Markte.
Das kann wieder, als äußerlich beobachtete Erscheinung genom-
men, von der universalistischen Auffassung nicht schlechthin ge-
leugnet werden — dennoch ist es nicht richtig. Das Erste sind stets
die Gliederungen der volkswirtschaftlichen Kräfte, die Ganzheit der
Volkswirtschaft; nachgeordnet, gliedhaft sind die Einzelnen.
In Wahrheit ist der wirtschaftliche Eigennutz nicht als s u b -
j e k t i v e r Beweggrund bedeutsam, sondern lediglich mittelbar,
nämlich als objektiver Eingliederungsgrund. Das o b j e k t i v e
S a c h e r f o r d e r n i s der Gliederungen, z. B.
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die Lücken der
Märkte, die Notwendigkeit, ein Elektrizitätswerk zu bauen, sind
es, welche der Unternehmer ergreift — sei es kraft des Eigennutzes,
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Einige weitere Ausführungen darüber in meinem Artikel Eigennutz,
Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd 3, 4. Aufl., Jena 1926, S. 323 ff.