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Ebenso hängt aber von jenen / Maßnahmen auch die Stellung der
Volkswirtschaft in der Weltwirtschaft und demgemäß wieder ihre
Anteilnahme am Gesamtertrage der Weltwirtschaft ab, von der auch
der Arbeiter und der kleine Mann wesentlich mitberührt werden.
Nur dann kann der Anteil des Arbeiters und Handwerkers groß
sein, wenn die Gesamtversorgung der eigenen Volkswirtschaft eine
günstige ist. Schon darum ist jede allgemeine Wirtschaftspolitik zu-
gleich schon Sozialpolitik.
Hier zeigt sich, wie die L o h n h ö h e keine einzelne Preisfrage,
sondern eine solche der Gesamtzusammenhänge, der Gesamtgliede-
rung der Wirtschaft ist; daher auch die heute so viel besprochenen
Lohnsenkungen nicht nur kalkulativ beurteilt werden dürfen, wie
das meistens geschieht. Die Frage ist vielmehr, ob durch solche Lohn-
senkungen (von der sich manche Industrien die Erhaltung ihrer Le-
bensfähigkeit versprachen), auch wirklich die gestörten Entspre-
chungen und Zusammenhänge mit den Vor- und Nachgewerben
(Märkten) wiederhergestellt werden können; die Erzeugung wirk-
lich in Gang kommt und dadurch wenigstens der Zweck, die Ar-
beitslosigkeit zu vermeiden, tatsächlich erreicht wird.
Wesentlicher noch ist aber folgender Punkt.
Wenn erst einmal der Arbeiter nicht auf sich selbst angewiesen,
sondern eingegliedert ist, dann wird auch die Frage der Anteilnahme
des Arbeiters am Gesamteinkommen des Standes in einer Weise ge-
löst werden, welche aus der Notwendigkeit einer gemeinsamen Ge-
samtverwaltung des Standes folgt, nicht a b e r a u s e i n e m a n -
g e b l i c h
w e s e n s n o t w e n d i g e n
„ I n t e r e s s e n g e -
g e n s a t z e “ , „ K l a s s e n g e g e n s a t z e “ .
Die individualistische Wirtschaftslehre behauptet insbesondere,
daß es im eigentlichen Sinne keine Preispolitik geben könne. Denn
der Preis sei mengenmäßig, sei mathematisch-ursächlich bestimmt
durch das Aufeinandertreffen der Angebots- und Nachfragemengen
oder Arbeitsmengen oder Nutzenmengen (deren Träger eigennützige
Einzelne wären). Das erwies sich uns als grundsätzlich falsch, da viel-
mehr die Wirtschaft als sinnvoller Gliederbau von Leistungen gefaßt
werden muß. Sind Fehlausgliederungen da, dann kann sowohl durch
andere Marktorganisationen wie durch Neuausgliederungen in der
Erzeugung eine Änderung erfolgen. Durch solche Preispolitik wie
durch Erzeugungspolitik würden „soziale Reformen“ geschaffen.