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langsam der Überverbrauch, den die Inflation angezeigt hat, ausge-
glichen werden können; freilich auch nicht ohne Preissteigerungen,
denn die Erweiterung der Erzeugungsgrundlage und der dadurch
gegebene Entzug von Kapital für jene Erzeugnisse, die dem Ver-
brauche dienen, muß sich natürlich in Erhöhung der Preise aus-
drücken (wie oben ausgeführt). Dieser Preiserhöhung wird aber in
dem Maße, als die neuen Erzeugungsmittel ihr Mehr an Gütern aus-
speien, Einhalt geboten werden; jener anderen Preiserhöhung aber,
die durch Prunk, Schwelgerei und ähnlichen Mehrverbrauch ange-
regt wird, wird umgekehrt bald das Fehlen der als Kaufkraft ge-
opferten Produktivkapitalien folgen, die daraus entspringende An-
gebotseinschränkung von Verbrauchswaren wird weitere Preiser-
höhungen nach sich ziehen und dieser Vorgang wird so lange wei-
tergehen, bis eine U m k e h r i n d e n W i r t s c h a f t s m a ß -
n a h m e n endlich erzwungen wird. Man wird endlich aufhören
müssen, mehr zu kaufen, als man erzeugt, das heißt Kapital aus der
Volkswirtschaft zu nehmen, man wird im Gegenteil weniger aus der
Volkswirtschaft herausnehmen müssen, als man verbraucht und
mehr erzeugen müssen, um der aufsteigenden Preisbewegung end-
lich Einhalt zu gebieten, das heißt zum erstangeführten Grundfall
zurückkehren müssen.
Die vorstehende Zergliederung der in aller Papiergeldwirtschaft
schließlich steckenden Wirtschaftsvorgänge zeigt deutlich, daß jene
gewisse Aktivität des Geldes, welche in dem Begriff einer „Teuerung
von der Geldseite“ her (wie auch in jeder automatischen Quanti-
tätstheorie) vorausgesetzt ist, in Wahrheit nicht besteht. Das
G e l d k a n n , a l s b l o ß e M e n g e g e n o m m e n , n i e
v o n s i c h a u s d i e W i r t s c h a f t b e w e g e n , nie die Kauf-
kraft selbst in Bewegung setzen. Wenn man vielmehr die Vorgänge,
die mit dem Wort Inflation gemeint sind, zu Ende denkt, so findet
man, daß niemals Geld, sondern allein die jeweilige Wirtschaftsmaß-
nahme selber es ist, welche einzig und allein den ersten Beweger
bildet. Nicht Geldmengen, sondern Verbrauchsmengen und Erzeu-
gungsausfälle stecken hinter der Inflation, nicht Geldausgabe, son-
dern Überverbrauch (durch Erzeugung ungedeckter Überverbrauch)
bezeichnen ihr Wesen. Je nachdem die Volkswirtschaft sich verschie-