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das Geld weitergeben, zur Kapitalbildung (Vermehrung der Er-
zeugungsmittel) wird fast nichts davon verwendet. Dazu kommt
auf der anderen Seite unsinnige Vergeudung, toller Luxusverbrauch,
mitbedingt durch die Furcht vor dem allgemeinen Zusammenbruch.
(Von diesem Standpunkt aus hätten — nebenbei gesagt — Luxus-
steuern nicht nur fiskalische, sondern noch weit mehr preispolitische
und erzeugungspolitische Bedeutung. Wer denkt aber bei uns an
kräftige Sonderbesteuerung von Variete, Kino, Nachtlokal, Ope-
rette, kräftigste Differenzierung der Umsatzsteuer nach dem Luxus-
charakter der Waren und ähnliche Dinge, die den Emporkömmling
treffen? Man fasse hier kräftig zu und wird über den Erfolg stau-
nen!) Zu allem Unglück kommt noch die Ungeschultheit der neuen
Regierungsmänner in aufbauender Wirtschaftsarbeit. Fast zwei Jahre
haben wir verstreichen lassen und noch ist kein einziges großes
Wasserkraftwerk im Bau; zu unserer Befreiung von tschechischer
Kohlensklaverei, zur Erweiterung unserer Rohstoffgrundlagen, un-
serer Erzeugungsgrundlagen ist nicht das Mögliche, ist zum Teil
unendlich wenig geschehen.
Zuletzt noch eine soziologische Bemerkung: Die Meinung, daß
es eine selbständige Teuerung von der Geldseite her gebe ist im
Grunde nur der Ausdruck des individualistischen Standpunktes
unserer Klassiker, ebenso wie die ganze Quantitätstheorie. Die in-
dividualistische Auffassung sieht folgerichtig nicht nur im einzelnen
Wirtschafter auf dem Markte eine autarkselbständige Wirtschafts-
kraft, sozusagen ein selbständig wirkendes Atom; sie sucht auch
objektiv-selbständige Abhängigkeiten der Güterquantitäten, sie
sucht (indem sie immer dieselbe Denkweise richtig festhält) die
einzelne Ware als gefrorene Arbeit, das Geld als gefrorenen Waren-
wert (Metallismus), die Menge des Geldes als eindeutige Wert-
menge, welche der gesamten Warenmenge gegenübertrete (Quan-
titätstheorie) zu bestimmen, und daher folgerichtig „Geld“, „Kauf-
kraft“ als etwas selbständig, primär, gleichsam autark Daseiendes,
schlechthin Gegebenes aufzufassen. Wer aber die Wirtschaft univer-
salistisch ansieht, das ist unter dem Gesichtspunkte der Ganzheit,
der Gegenseitigkeit aller Glieder, des Aufeinander-Angelegtseins
aller Teile der Organe, für den liegt das Primäre stets in der Ganz-
heit, im organischen Zusammenhang der Wirtschaftsvorgänge selbst,
stets in der Verbindung (nicht in der Auseinandersetzung) der
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