148
thematischen verlor, sie alle sind heute auf einem toten Punkte
angekommen, sie alle sind in voller Selbstauflösung begriffen. Der
Geist der Zeit ist es selber, der wieder zum O b j e k t i v i s m u s
hintreibt, der zu den alten, höheren Formen des Denkens überall
wieder mit Macht zurückstrebt. Dennoch kann dies nicht durch
einfache Übernahme alter Lehrgebäude des Universalismus gesche-
hen. Jene alten Zeiten von Platon bis Thomas schöpften aus dem
Vollen, sie gingen aus metaphysischen, objektiv-ontologischen Phi-
losophien und aus echter Religiosität hervor, die den mechanisch-
atomistischen Seins- und Gesellschaftsbegriff kaum kannten. Auch
die Romantik gründete auf der metaphysischen Philosophie jener
Klassiker. Unsere Zeit aber, die durch Materialismus und sogar
durch Marxismus aufs Neue ausgehöhlt wurde, kann nicht aus dem
Vollen schöpfen, wie alle jene älteren Universalisten. Für sie war es
schon vorlängst eine ungeheure Anstrengung, sich wenigstens das
Apriori eines subjektiv verstandenen Kant (Erkenntnislehre statt
Seinslehre!) zurückzuerobern. Wir bedürfen heute der Ausbildung
rein methodologischer Mittel, wir bedürfen einer strengen Verfah-
renslehre und einer streng a n a l y t i s c h e n Theorie des Univer-
salismus. Verfahrenslehre und Wesenstheorie der Gesellschaft müs-
sen heute aus dem handfesten Betriebe und den Denkaufgaben un-
serer Geisteswissenschaften hervorgehen. Wie der Kranke mit
Krücken gehen muß, die der Gesunde wegwirft, so muß auch die
heutige Wissenschaft noch die feste Stütze strenger Begriffe der
Verfahrenslehre suchen, welche die früheren glänzenden Zeiten nicht
brauchten. Der Hauptbegriff dieser Verfahrenlehre aber ist die
oben entwickelte Erkenntnis, daß das Einzelne niemals begriffen
wird aus sich selbst, sondern aus dem Ganzen, das in ihm lebt.
Schrifttum
Da die moderne positivistische Gesellschaftslehre, wie sie sich von Auguste
Comte, Herbert Spencer, Albert Schäffle und anderen ableitet, der Erörterung
über den Gesellschaftsbegriff und der Grunderklärung der Gesellschaft aus dem
Wege geht, indem sie glaubt, durch einfache „Induktion“ diese Frage umgehen
zu können, ist ein ernsthaftes Schrifttum über Universalismus nicht vorhanden.
Selbst der Streit zwischen Gustav Schmoller und Carl Menger war bloß ein