Table of Contents Table of Contents
Previous Page  3687 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 3687 / 9133 Next Page
Page Background

254

liche Entfaltung gebunden ist, in der irdischen Welt noch festgehal-

ten und zu einer allseitigen Entwicklung seiner Kräfte gebracht

werden. Es ist uralte Weisheit, daß die Gnade überall die Natur

voraussetzt. Die Natur zu überspringen, ist der Mensch unver-

mögend. Er soll erst durch die Natur hindurchdringen, um zur

Übernatur zu gelangen.

Von den Gefahren, denen er dabei entgegengeht, von der Dä-

monie der Natur, von der finsteren Nachtseite der Erde, dem Na-

turgrauen, von dem Grausigen auf dem Grunde der Lust und aller

Verstrickung solcher Art zu sprechen, ist hier nicht der Ort. Aber

auch diese Seite des Naturlebens vermag durch jene Bekanntschaft,

welche die Wirtschaft mit ihr macht, berührt zu werden. Dem le-

bendig fühlenden Techniker von heute ist sie nicht vollkommen

fremd. Man denke an die uralte Poesie aller bergmännischen Arbeit,

an ihre Wichtelmännchen, lichten und dunklen Mächte. Der tätige

Techniker vermag es überall, sich über die tote Naturauffassung der

Physik zu erheben.

Nun wird es verständlich, warum erst dem höheren geistigen

Menschen die Wirtschaft immer mehr eine bloße Schranke und

Hemmung bedeutet (wenn auch niemals vollständig, wie ja auch

dem geistlichsten Klosterbruder Gartenarbeit zu verrichten förder-

lich und dem Einsiedler ein Maß äußerlicher Arbeit eine Wohltat

ist); warum dagegen dem geistig weniger entwickelten Menschen

harte Pflicht, strenge Arbeit zuweilen zum letzten Halt, zur ein-

zigen festen Grundlage eines schwankenden Lebens wird. Wenn

freilich die wirtschaftliche Tätigkeit, wie heute so oft, jeder Fülle

und Seele entbehrt und sich in einem entarteten Einerlei von we-

nigen Handgriffen erschöpft, wenn sie gar mit Ausstoßung aus

stetiger Gemeinschaft, mit Standlosigkeit verbunden ist, dann kann

sie auch für den einfachen Menschen nicht das bedeuten, was sie

unbedingt sollte und müßte. Sie kann ihm nicht zum Halt und

Segen werden.

Auf welcher geistigen Stufe immer der Mensch stehe, er muß

durch Äußeres hindurch, um ein Inneres zu ergreifen. Verklärung

gibt es nur durch den Tod hindurch; was auferstehen will, muß

gestorben sein. Dieses Gesetz des Daseins ist so allgemein, daß etwas

von diesem veredelnden Tode und Schmerze sogar auch die tiefste

Schicht des gesellschaftlichen Lebens, die Wirtschaft, mit ihrer Müh-