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Wirtschaftsgesetze mathematisch-mechanische Funktionen sind, die

man errechnen kann. Dem gegenüber erklärt Adam Müller schon

im Jahr 1819: „Mit algebraischen Formeln umzugehen habe ich

zwar gelernt, aber sie in den inneren menschlichen Angelegenheiten

völlig unanwendbar gefunden.“ Bei Behandlung des geschichtlichen

Materialismus von Karl Marx mit der Akkumulation des Kapitals,

der Konzentration, der Expropriation der Expropriateure, dem Un-

terbau der Wirtschaft für den Überbau von Staat, Recht, Sittlich-

keit und Religion gelangt Spann als Ergebnis des Marxismus zur

Feststellung: „Die Wirtschaft ist das Schicksal des Menschen. Die

Menschen gehören der Wirtschaft, nicht die Wirtschaft den Men-

schen.“ Den Fluch der individualistischen Volkswirtschaftslehre er-

blickt Spann darin, daß sie ihrem Verfahren nach mit innerer Not-

wendigkeit zur Mathematik drängt. Ganz ähnlich wie Adam Mül-

ler erklärt auch Spann: „Mathematik kann aber vom Leben nichts

erklären. Der mathematische Verstand kommt an die Welt des

Lebens und des Geistes nicht heran.“ Die universalistische Auffas-

sung lehnt den Gedanken der mathematisch-mechanischen Be-

stimmtheit der wirtschaftlichen Erscheinungen ab. Die Wirtschaft

ist ein Gliederbau von Mitteln für Ziele, ein Gliederbau von Lei-

stungen. Die Volkswirtschaftslehre ist Leistungslehre, nicht Preis-

lehre. Der Preis ist nur ein Ausdruck, ein Anzeiger des Glieder-

baues der Leistungen, und wenn dieser Gliederbau der Leistungen

richtig ist, ein gerechter Preis. Wesentlich ist die Dienstbarkeit der

Wirtschaft und ihrer Mittel, sie wird selbst ein Teil des Lebens, er-

hält Würde und Weihe vom Leben und seinem Inhalte.

Den letzten Teil der „Kleinen Schriften“ Othmar Spanns bilden

seine philosophischen Abhandlungen.

In der „Individualistischen und universalistischen Religionssozio-

logie“ (1930) befaßt sich Spann zunächst mit den Erklärungsarten

der Religion nach empiristischer Auffassung, mit Anthropomorphis-

mus, Traumerfahrung, Zauberglauben usw. und mit den wichtigsten

Schulen der naturalistischen Religionssoziologie (vergleichend my-

thologische, ethnologische mit Präanimismus, Totemismus und pan-

babylonische) und kommt bei ihrer Kritik zu dem Ergebnis, daß

diese Schulen Religion ohne Religiosität erklären wollen: „Die un-

religiöse Religion hat es aber nie und nirgends in der Welt ge-

geben.“ Für die universalistische Religionssoziologie ist hingegen die