513
in i n n e r e r Verbindung und besitzt eine aus seiner „Gliedhaf-
tigkeit in der Ideenwelt geschöpfte, durch innere Gezweiung er-
worbene Mitwissenschaft“
1
mit den schaffenden Ideen.
Er ist Glied der Ideenwelt, und auf seiner Gliedhaftigkeit beruht
seine Erkenntnis der Ideen. Dem Reich der Ideen aber „entspricht
die Gezweiung der Menschen.“
2
Durch sie, durch die Verbun-
denheit mit anderen Menschen, wird die Welt der Ideen im einzel-
nen Menschen lebendig, wird die Menschheit zum Abbild des Rei-
ches der Ideen.
Die ganzheitliche Ideenlehre, dieser kühne, aber immer wirklich-
keitsverbundene Entwurf ist Spann aus schöpferischer Auseinander-
setzung mit seiner zweitausendjährigen Problementwicklung er-
wachsen. Sie ließ ihn eine Reihe von Problemen der traditionellen
Ideenlehre, wie die D a r s t e l l u n g der Ideen in der Welt, die
T e i l h a b e der Dinge an den Ideen, des B u n d e s zwischen
Ding und Idee lösen durch die Auffassung der Ideen als schaffender
Urmächte und die Begrenzung ihres Wirkens auf die Welt des
Lebens und des Geistes.
Sie vermeidet die Verdopplung der Welt, macht die Welt der
Erfahrung nicht zu einer Welt des Scheines, sondern vertieft ihre
Erkenntnis und gibt ihr erst die ihr zukommende Bedeutung,
indem sie sie in den großen Zusammenhang des Miteinander und
in das Licht des Geistes stellt.
In ihr erreicht Spanns „Schöpfungsgang des Geistes“ seinen krö-
nenden Abschluß. Er geht von der Einsicht in die ganzheitliche
Ordnung der Welt aus. In dieser Einsicht liegt schon die Anerken-
nung der Ideen. Die Erkenntnis der Leben und Gesellschaft gestal-
tenden Ganzheiten als ontologischer Wesenheiten führt ihn zu den
Ideen. Die Welt des Lebendigen und die gesellschaftlich-geschicht-
liche Geisteswelt stellt sich ihm als ein Reich von w i r k s a m e n
G a n z h e i t e n oder Ideen dar.
Damit schließt sich der Kreis und wird der Ertrag eines philo-
sophischen Ringens von über zweitausend Jahren in einer Meta-
physik des Geistes heimgeholt, die das erste große Werk einer
neuen entscheidenden Phase der abendländischen Philosophie ist.
1
Siehe oben S. 490.
2
Siehe oben S.
493