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fähig sind, das heißt die ausgelösten Umgliederungen und Störun-

gen ertragen, ohne zugrunde zu gehen, das andere Mal gegen jede

stärkere Störung und Umgliederung sehr empfindlich sind und zu-

sammenbrechen. Ist die Störungsempfindlichkeit klein, so sprechen

wir von großer Umgliederungsfähigkeit, die man auch Standhaftig-

keit, Widerstandsfähigkeit, Störungsfestigkeit, Schwerauflöslichkeit,

Krisenfestigkeit oder Elastizität nennen kann; ist die Störungsemp-

findlichkeit groß, dann von geringer Umgliederungsfähigkeit, die

man auch Widerstandslosigkeit, Leichtauflöslichkeit, Störungsemp-

findlichkeit, Krisenempfindlichkeit oder Labilität nennen kann.

Burckhardt spricht mit Isokrates vom „Nicht-Sterbenkönnen“ der griechischen

Poleis

1

, das gilt aber auch für Spätrom, das Jahrhunderte lang dem Ansturm

der Germanen widerstand, und dazu die größten inneren Umwälzungen ertrug;

ähnlich das oströmische Reich die Schläge der Germanen, Slawen, Araber samt

inneren Umstürzen. Ferner hat das Papsttum, das wiederholt seiner inneren Ver-

nichtung durch Entsittlichung und Atheismus (Alexander VI.), wie seiner äußeren

Vernichtung (Avignon, Reformation) nahe war, unerwartete Wider- / stände

geleistet. Frankreich überstand die fürchterlichen Spannungen der französischen

Revolution, die andere Staaten leicht gesprengt hätten; das alte Österreich

(seit 1866 „Österreich-Ungarn“) war ein Völkerbabel, das sich trotz innerer

Unlust der Völker nicht auflöste und bis 1918 aushielt. — In der Wirtschaft

erweisen sich die rückständigen kleinbäuerlichen Betriebe widerstandsfähiger ge-

gen Krisen als die technisch vollkommenen landwirtschaftlichen Großbetriebe,

welche geringere Umgliederungsfähigkeit besitzen.

Beispiele für Leichtauflöslichkeit dagegen und unerwartet große Wider-

standsunfähigkeit bei Eintreten schärferer Spannungen aus Brüchen bilden in der

Staatengeschichte etwa: das Vandalenreich; das Westgotenreich in Spanien (gegen

die Mauren); Ungarn gegen die Türken (in der Schlacht bei Mohacs wurde 1526

die ungarische Heeresmacht allein von der türkischen Vorhut vernichtend ge-

schlagen — voraus gingen allerdings innere Zwistigkeiten der Ungarn); in der

Wirtschaft: nicht selbstversorgende Volkswirtschaften, wenn ihre Zu- oder Aus-

fuhren versperrt werden; auf Ausfuhr angewiesene Betriebe, wenn der fremde

Markt versagt; auf fremdes Kapital angewiesene Betriebe, wenn dieses gekündigt

wird.

Von diesen Fällen des organisatorischen Lebens wären zu trennen solche des

geistigen Gezweiungslebens: Widerstandsfähig erwies sich das Christentum gegen

alle Verfolgungen; widerstandsfähig erwiesen sich in der Geistesgeschichte oft

gewisse Stilrichtungen der Kunst oder theoretische Richtungen der Wissenschaft;

unerwartet widerstandslos erwies sich der Arianismus, der bei Westgoten und

Langobarden ohne Sang und Klang verschwand; oder das Heidentum bei den

Germanen (mit Ausnahme etwa der Sachsen), während es sich bei den alten

1

Jacob Burckhardt: Griechische Kulturgeschichte, Berlin, Stuttgart 1898,

Bd 1, S. 90.