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Griechen mit unglaublicher Zähigkeit hielt, wie Gregorovius in der „Geschichte

der Stadt Athen“ es schildert.

Die Frage, warum Spannungen derselben Art hier zu plötzlichen Zusammen-

brüchen und Zerstörungen organisatorischer Gebilde führen, dort bei jahrhun-

dertelanger Dauer keinen Zusammenbruch bewirken, führt aus der Spannungs-

lehre in die Gesellschaftslehre, zuerst in die Organisationslehre. Wie müssen die

anstaltlichen Gebilde beschaffen sein, um auch großen Umgliederungen, die aus

stärksten Spannungen erfolgen, gewachsen zu sein und noch bestehen zu kön-

nen? — Die letzten Bedingungen der Widerstandsfähigkeit sind immer geistig.

Aber daß diese allein nicht entscheiden, zeigen ja die obigen Beispiele. Wir er-

blicken die o r g a n i s a t o r i s c h e n Bedingungen für große Widerstandsfähig-

keit der Gebilde vornehmlich in der V e r t r e t b a r k e i t der Verrichtungs-

träger unterein- / ander sowie in ihrer Selbstversorgung. Je größer die Vertret-

barkeit der Verrichtungsträger (Glieder, Unterganzheiten) in ihren Leistungen

ist, umso leichter kann das Entfallen bestimmter Verrichtungsträger ertragen

werden; je größer die Selbstversorgung, sei es im geistigen, organisatorischen,

stofflichen Sinne ist, umso mehr können Veränderungen von innen und außen

her aufgefangen und ausgehalten werden.

Die Bedingungen für die verschiedene Störungsempfindlichkeit der G e z w e i -

u n g e n dagegen liegen wesentlich in der Fruchtbarkeit der betreffenden geisti-

gen Inhalte selbst. Je lebendiger und fruchtbarer diese (z. B. als religiöse, wissen-

schaftliche, künstlerische) sind und trotz des neu Hinzukommenden bleiben, um

so fester ist der Gezweiungskreis gegen Störungen gesichert.

Was wir die „ S e l b s t v e r s o r g u n g “ nannten, geht auf die organisato-

rische Kategorie der „Lückenlosigkeit“ oder „Ausschöpfung“ des zu organisie-

renden Gegenstandes (des Stoffes der Organisation oder ihrer Grundlage) zu-

rück

1

; die lückenlose S t e l l v e r t r e t u n g auf die Kategorie der Vertretbar-

keit der Leistungen überhaupt

2

. Die Vertretbarkeit ist auch davon abhängig,

ob die innere Gleichartigkeit des zu organisierenden Stoffes einigermaßen ge-

wahrt ist (was zur Frage der ständischen Organisation führt). Jedoch gehören

diese Fragen in den Lehrbegriff der Veranstaltung, welcher in der systemati-

schen Gesellschaftslehre abzuhandeln ist.

X.

Vollauswirkung und Überstürzung.

Das Nichtnaturalistische der Spannungen

Lehrsatz 8: Spannung hat der Vollkommenheit nach die Weise

der folgerichtigen Entfaltung bis ans Ende oder der Vollauswir-

kung; der Unvollkommenheit nach die Weise vorzeitiger Unter-

brechung oder der Überstürzung.

1

Vgl. mein Buch: Gesellschaftslehre (1914), 3. Aufl., Leipzig 1930, S. 427

[4. Aufl., Graz 1969, S. 511].

2

Vgl. meine Bücher: Kategorienlehre (1924), 2. Aufl., Jena 1939, S. 177 ff.

[3. Aufl., Graz 1969, S. 164]; Gesellschaftslehre (1914), 3. Aufl., Leipzig 1930, S. 391

[4. Aufl., Graz 1969, S. 470]; Fundament der Volkswirtschaftslehre (1918), 4. Aufl.,

Jena 1929, S. 106 f. [5. Aufl., Graz 1967, S. 131].