Unsere Untersuchung hat bisher die Geschichte als Umgliederung
selbst in all ihren mannigfachen abgeleiteten Weisen nach Vollkom-
menheit und Unvollkommenheit dargestellt. Die geschichtliche Ka-
tegorienlehre geht aber über die reine Zergliederung der Wirklich-
keit nicht hinaus. Daher sagt sie über die metaphysischen Hinter-
gründe und über den Gang der Geschichte nichts aus. Aber dennoch
hat sie ein auch für die Metaphysik der Geschichte unverwerfliches
Ergebnis: Da alle ihre Kategorien nicht-naturalistisch sind, schließt
sie jeden Naturalismus aus. Kein Zoll in der Geschichte, so lehrt sie,
ist naturalistisch erklärbar. Geschichte ist Geist, nicht Natur. Am
Geiste aber ist die Eingebung erste Quelle des Geschehens. Einge-
bung wieder weist auf eine höhere Seinsordnung, auf die Ideen-
welt, hin. Endlich zeigte sich die Geschichte durch die Abwandlung
aller Weisen nach Vollkommenheit und Unvollkommenheit hoch-
dramatisch. Spieler und Gegenspieler, Licht und Finsternis liegen
miteinander im Kampfe. Leben, unverwüstliches Leben zeigt die
geschichtliche Kategorienlehre überall am Werke. Leben ist aber
schon Übernatur. Damit weist die zergliedernde Kategorienlehre
abermals auf die Metaphysik der Geschichte hin. Die Vergleichung
der naturalistischen mit der idealistischen Frage nach dem Gange
der Geschichte ist daher die gegebene Überleitung von der kate-
gorialen Zergliederung zur Metaphysik der Geschichte.
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I. Die naturalistische und idealistische Frage nach dem Gang
der Geschichte
Daß die Notwendigkeit eines ableitenden Entwurfes des Ganges
der Geschichte, wie ihn Schelling und Hegel versuchten, nicht be-
steht, haben wir schon erklärt. Diese Versuche lagen lediglich an der
falschen Annahme der sechstausend biblischen Jahre, von denen frei-
lich, da der größere Teil überblickbar ist, der Rest nicht unableitbar
wäre. Die vorchristlichen idealistischen Philosophien haben aber
ebenso wie die heutige Naturwissenschaft ungeheure Zeiträume des
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