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soweit es sich um Stoffumwandlungen handelt, ebenfalls zur
Chemie rechnen, ist dieser Tatbestand noch deutlicher. Denn das
radioaktive Geschehen hat Richtung. — Eine Richtung des
chemischen Geschehens sehen wir endlich auch darin, daß nur
das Leben gewisse „hochqualifizierte Verbindungen“ schaffen
kann, wie sich unter anderem nach Eintritt des Todes in den
Organismen zeigt, wo sie der Zersetzung anheimfallen. Die
anorganische Natur kann jene „hochkomplexen“ Verbindungen,
um die es sich dabei handelt, weder selbst herstellen noch auch
nur aufrechterhalten. Das ist übrigens ein Anzeichen mehr für
die Hingeordnetheit der anorganischen Natur auf Leben und
Geist.
Die überräumliche Grundlage der räumlichen Stoffwelt und
ihre Verbundenheit mit Leben und Geist (durch Gezweiung
höherer Ordnung) legen den Schluß nahe: daß die Richtung des
anorganischen Naturgeschehens Entfaltung des eigenen Wesens
der Natur sei; und daß die Entfaltung der Natur mit der des
Geistes in einem Entsprechungsverhältnis stehe.
Die anorganische Natur hat Geschichte, und ihre Geschichte
ist irgendwie Entsprechung zu der des Geistes. Je tiefer man
in das Oberräumliche der Natur eingedrungen ist, je lebendiger
sich die Lebensverwandtschaft und Geiststrebigkeit / der Natur
dem inneren Blicke darstellt, um so gewisser wird diese Er-
kenntnis.
B. S t o f f l i c h k e i t u n d G e s c h i c h t e
Das erfordert aber einen Begriff der Materie, welcher die
Geschichte in sich aufnehmen kann, einer Materie, die Geschichte
haben kann.
Wie verhalten sich dazu die bisherigen Begriffe der Materie,
wie sie in der idealistischen Philosophie entwickelt wurden?
(Vom atomistisch-materialistischen Begriffe der Materie sehen
wir hier natürlich ab, da er zur Geschichte keine Beziehungen
haben k a n n . )
S c h e l l i n g s Lehre, wonach die Materie „depotenzierter
Geist“ sei, schreibt ihr von Anbeginn Geschichte zu, weil sie
ja selbst der Weg des Geistes ist. Ähnlich H e g e l .
P l a t o n s Lehre läßt uns das durch Ausbreitung Ge-
t r e n n t e — das ja in der Räumlichkeit liegt — an der Ma-