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203

3.

Der auftretende Held kämpft und siegt oder leidet, stirbt und steht wieder

auf.

4.

Der siegende Held feiert seine Apotheose, empfängt den Kampfpreis, die

Herrschaft und Schicksalsleitung und feiert die himmlische Hochzeit"

1

. In der Sage

wird dieses Geschehen auf einen bestimmten Helden übertragen, / z. B. auf den

griechischen Herakles und den germanischen Siegfried

2

. „Als Festperikope für die

Kalenderfeste der Heilbringererwartung wird die Sage zur Legende. So wurde in

Babylonien die epische Darstellung des mythischen Kampfes und Sieges des Er-

lösers Marduk zur Schöpfungslegende, die bei dem großen Neujahrsfest, in dem

sich das Weltneujahr spiegelt, rezitiert, beziehungsweise gesungen wurde. Man

spricht insofern mit Recht von der Alexanderlegende, als Alexander Soter Welt-

heiland sein sollte . . . ebenso darf man von Davidlegende, Moseslegende sprechen,

weil diese Gestalten ... als Typen auf den Erlöser gezeichnet wurden. Die Mo-

hammedlegende ist aus der Moses- und Josualegende und aus der David- und

Salomonlegende konstruiert worden . . . Auf der unteren Stufe bildet der Mythos

das (echte) Märchen“

3

.

Wir müssen diese Theorie ablehnen. Denn erstens ist der Mythos grundsätzlich

nicht primär „Naturimagination“, Ablesung vom „gestirnten Himmel“, wie Jere-

mias behauptet

4

, sondern entsteht durch Scheidung der einen mystischen Gottes-

vorstellung in kategorialer Anwendung auf die Welt, wobei sich aber in Wahr-

heit mehr Geistig-Sittliches als Naturhaftes zeigte.

Sodann ist es analytisch unrichtig, daß es nur einen einzigen Urmythos, den

der Erlösererwartung gebe. Schon die Kosmogonien (Theogonien) widerlegen das

augenscheinlich. Da vielmehr jede der unterschiedenen Geistes- und Naturmächte

nach Maßgabe der mystisch-religiösen Kategorien aufgefaßt wird, gibt es so viele

Grundmythen als Kategorien. Außer der Verbindung mit der Kategorie der Er-

lösung sind es noch, wie sich zeigte, hauptsächlich die Verbindungen mit den

Kategorien der Gottverwandtschaft des Menschen, der Einheit des göttlichen

Grundes mit dem Weltgrund, der Unsterblichkeit, der Liebe, welche Mythen aus

eigener Quelle begründen.

Außerdem besteht ein anderes Gesetz der Mythenbildung, welches Jeremias

übersieht: die Mythen entspringen auch aus den inneren Erfahrungen, welche der

Mystiker und Magier in seinem Werdegang macht (Herakles und andere). Hierauf

beruhen insbesondere die mythologischen Sinnbilder. Diese Mythen werden we-

sentlich nur in exoterischen Einkleidungen zur Erscheinung kommen, wie sich

später noch zeigen wird

5

.

/

1

Alfred Jeremias: Die Bedeutung des Mythos für das Apostolische Glaubens-

bekenntnis, Leipzig 1933, S. 13f.

2

Alfred Jeremias: Die Bedeutung des Mythos für das Apostolische Glaubens-

bekenntnis, Leipzig 1933, S. 14.

3

Alfred Jeremias: Die Bedeutung des Mythos für das Apostolische Glaubens-

bekenntnis, Leipzig 1933, S. 14 f.

4

Alfred Jeremias: Die Bedeutung des Mythos für das Apostolische Glaubens-

bekenntnis, Leipzig 1933, S. 15.

5

Siehe unten S. 234 ff.