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der geschichtlichen Mythologien allerdings nicht aufstellen. Indessen
lassen sich aber doch folgende vier Gruppen von Abstufungen unter-
scheiden, welche, alle nach Art der mystisch-religiösen Kategorien
erfaßt, mehr oder weniger verhüllt und verändert den Mythologien
zugrunde liegen.
Erstens: die Urgottheit der mystischen Erfahrung;
Zweitens: die die Welt durchwaltenden hohen Götter;
Drittens: die in kleineren Kreisen wirkenden niederen göttlichen
Mächte, z. B. Gnomen, Sylphen, Elfen, Nymphen sowie die chthoni-
schen Mächte (sofern sie nicht zu den bösen gehören); ferner die
irdischen Verkörperungen von Göttern und insofern „sterblichen
Göttern“, wie sie vornehmlich dem Umkreis der niederen Magie
angehören.
Eine Sonderstellung nehmen die bösen Mächte ein, sofern sie
ein Gegenstück der lichten Gottheiten bilden. Daher können sie
denselben Stufenbau zeigen, ja in der Religion Zarathustras sogar
ein Gegenstück des e i n e n , höchsten Gottes bilden.
Viertens: Die Seelen der Verstorbenen, die sich zuerst auf Grund
der mystischen Erfahrung selbst als eine eigene jenseitige Welt dar-
stellen und dann von der magischen Erfahrung, besonders des
Spukwesens her, mit mannigfachen geister- und götterartigen Zügen
ausgestattet werden, so daß (nach der Kategorie der Gottverwandt-
schaft) die Göttlichkeit dieser Verstorbenen entweder entschieden
oder auch nur bedingt hervortreten kann, wie die verschieden ge-
staltete Ahnenverehrung der alten Völker zeigt.
Damit hätten wir einen Stufenbau, eine Reihenfolge von min-
destens dreierlei Gottheiten, dem sich die verstorbenen Seelen (als
Halbgötter oder auch als Götter) anreihen. Indessen, es versteht sich
von selbst, daß mit diesen vier Stufen keine feste Grenze gezogen
ist, denn die das All durchwaltenden hohen Gottheiten können
von sich aus wieder göttliche Wesenheiten manifestieren, Sonder-
gottheiten aus sich entlassen, was neue Götterdynastien oder „ge-
schaffene“, „entstandene" Gottheiten ergibt, von denen die Alten
sprechen. Darum ist auch mit dem bezeichneten Stufenbau keines-
wegs ein starres, eindeutiges Schema gegeben, welches die polythei-
stischen Religionen wirklich einhielten. Sie halten es im Gegenteil
nicht ein, aber es liegt ihnen doch irgendwie zugrunde. Unser Be-