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Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen (den Menschen)
gegeben“
1
.
„ ... gleichwie du ihm (dem Sohn) Macht hast gegeben über alles
Fleisch, auf daß er das ewige Leben gebe allen, die du ihm gegeben
hast“
2
. „Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und will
ihn kundtun, auf daß die Liebe, damit du mich liebst, sei in ihnen
und ich in ihnen“
3
— das geistliche Königtum Christi!
/
D.
W ü r d e d e s M e n s c h e n , G o t t e s g e b u r t
i n d e r S e e l e
Die Ganzheit stellt sich in Gliedern dar, das schaffende Prinzip
in einem S y s t e m von Organen, nicht in einem einzigen Organ.
Soll aber dieses Prinzip, das weltschaffende Wort, irgendwo in der
Welt der Geschöpfe r e p r ä s e n t i e r t werden, dann kann es nur
durch das höchste irdische Geschöpf geschehen, den Menschen. Daher
abermals: Das schaffende Wort, der Logos, ist zwar das Leben der
D i n g e , aber das Licht der M e n s c h e n .
Diese hohe Würde spricht das Johannesevangelium tatsächlich
dem Menschen zu. Der Mensch ist der Repräsentant, der Träger des
Wortes, des Logos, im Umkreis der irdischen Geschöpfe; damit ist
er aber auch Inbegriff aller in der Welt zur Darstellung gelangen-
den, im Wort enthaltenen schaffenden Mächte, Ideen. Und das heißt,
wenn wir es platonisch ausdrücken (was Johannes nicht tut) nichts
Geringeres als: Der Mensch ist Ideenführer.
Hier sind wir endlich am Ziel. Die Erhöhung des Menschen findet
sich kaum in einer Mystik und in einer Religion so weit getrieben
wie im Johannesevangelium. Hier ist das Wort das Schaffensprinzip
der Gottheit, der Mensch sein irdischer Träger; und damit erhöht
wie nie. Darum sprach Meister Eckehart: „Der Vater gebiert seinen
Sohn ohne Unterlaß, und ich spreche mehr: er gebiert mich seinen
Sohn und denselben Sohn“
4
„... Das Reich Gottes ist inwendig i n
euch“
5
.
1
Johannes 17, 8.
2
Johannes 17, 2.
3
Johannes 17, 26.
4
Predigt 6 bei Josef Quint, Bd 1, München 1955, S. 109, Zeile 7.
5
Lukas 17, 21.