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Mystik] legt den ersten Grund der Religion: sie gibt die lebendige
Gewißheit eines transzendenten Grundes der Welt und des mensch-
lichen Geistes. Die Gottesbeweise bestehen zu Recht, aber sie zeigen
erst mittelbar das, was die Mystik unmittelbar besitzt. Ohne Mystik
gäbe es keine innere Transzendenzerfahrung, daher auch kein Got-
tesbewußtsein“
1
. Die mystische Erfahrung ist „ein begriffloses Inne-
werden“
2
. „Die begriffliche Lehre von Gott, welche alle Religionen
entwickeln, wird ... zuletzt zwar auf dem Grund mystischer Er-
fahrung aufgebaut, ist aber niemals u n m i t t e l b a r e r Aus-
druck dieser selbst. . .“
3
. — Ein Atheismus ist streng genommen
nicht möglich, die Mystik und nur die Mystik widerlegt ihn
4
. „Der
Unglaube ist daher, genau genommen, stets Glaubensschwäche,
Kleinglaube, das ist eine nur dumpfe Berührtheit des menschlichen
Herzens vom Transzendenten“
5
.
Ebenso gilt für Spann, daß wir die ganze Natur „lebendig auf-
fassen“ müssen
6
, das heißt, daß „die materiellen Dinge mit immate-
riellen Wurzeln oder Zentren“ zu denken sind
7
: „Nicht nur die gei-
stigen, auch die stofflichen Wesen haben innere, immaterielle
Zentren. Die Natur ist durch sie lebens- und geistesähnlich“
8
. Die
Folge: „Haben also die Naturdinge immaterielle Zentren, wie auch
die geistigen Wesen, dann ist eine außerordentliche seelische Füh-
lungnahme mit ihnen und damit auch eine Einwirkung des Men-
schen auf sie grundsätzlich möglich — und eben das ist Magie!“
9
.
Die sogenannte m a g i s c h e Erfahrung ist in der „Rückverbun-
denheit in niederen Zentren — vor allem der Natur —“ begründet
und besteht in dem „Bewußtsein niederer rückverbindender Mächte
oder Zentren“
10
.
Prüft man das Verhältnis von Mystik und Magie, so ergibt sich
nach Spann das folgende wichtige Ergebnis: „Alles in allem genom-
1
Siehe oben S. 327.
2
Siehe oben S. 102.
3
Siehe oben S. 103.
4
Siehe oben S. 312, 327 f. und 331 f.
5
Siehe oben S. 312.
6
Siehe oben S. 156.
7
Siehe oben S. 156.
8
Siehe oben S. 156.
9
Siehe oben S. 156.
10
Siehe oben S. 27.