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431

sung (sterbender und auferstehender Gott); die Erklärung des Bösen

(Abfall, Dualismus) und die Liebe.

Schon hiermit ist das scheinbar so undurchdringliche Dickicht

der Mythen fürs erste gelichtet“

1

.

(Das führt also beispielsweise zur Widerlegung der Ratzeischen

Auffassung von der „Wanderung“ oder „Entlehnung“, ebenso zu

jener des Panbabylonismus: anderseits aber zu einer Wiederauf-

nahme des Bastianschen „Völker“- oder „Elementargedankens“,

allerdings in einer neuen, ungleich vertieften Gestalt: der Gedanke,

daß der Mensch das „Ebenbild der Gottheit“ sei, „ist nicht aus

Sumer-Babylon entlehnt, sondern hat überall die gleiche Grund-

lage: die religiöse Kategorie der Gottverwandtschaft des Menschen,

gründend im mystischen Erleben“

2

). Diese Theologie der polythei-

stischen Religionen, wonach die Grundlegung der Mythen nach den

religiösen Kategorien geschieht, läßt die bisherigen so unbefriedi-

genden naturalistischen Theorien über die Mythenbildung weit hin-

ter sichl

3

. Dazu kommt, daß die ganzheitlichen Kategorien der Aus-

gliederung als Differenzierungsgründe der Mythen mühelos zu

einem Stufenbau der Götterwelt hinleiten, wie ihn der geschichtliche

Polytheismus allenthalben zeigt: „1. die Urgottheit der mystischen

Erfahrung; 2. die die Welt durchwaltenden hohen Götter; 3. die in

kleineren Kreisen wirkenden niederen göttlichen Mächte; 4. die See-

len der Verstorbenen“

4

. Es ergibt sich so ein Gliederbau der Göt-

terwelt, deren Gottheiten „als Teilmächte des organisch-geistigen

und des kosmischen Lebens aufgefaßt werden“

5

.

Auf diese Weise gelingt Spann ein a n a l y t i s c h e r Nachweis

für jene Tatsache, die entdeckt zu haben die heutige Kulturkreis-

lehre so stolz ist: nämlich für den Urmonotheismus aller Kulturen,

auch der primitiven! „Geht man von einer mystischen Urerfahrung

als Grundlage aller Religiosität aus, dann ist es nicht verwunder-

lich, in den ältesten Zeugnissen religiösen Denkens der Menschheit

einen Monotheismus hervortreten zu sehen, als d e s s e n b l o -

1

Siehe oben S. 200.

2

Siehe oben S. 195 f. und 272.

3

Siehe oben S. 202 f.

4

Siehe oben S. 205.

5

Siehe oben S. 214.