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und ich damals überdies das Wort zur Entgegnung nicht mehr er-

halten konnte.

Ich gebe im Folgenden zuerst meinen Vortrag wieder, und zwar

gegenüber dem Verhandlungsberichte (der nicht auf schnellschrift-

licher Aufnahme, sondern auf nachträglich verfaßten Handschriften

der Redner beruht) mit kleinen Erweiterungen, und äußere mich

dann zur Wechselrede.

I. Mein Vortrag

2

Meine Frauen und Herren!

Es ist nicht meine Absicht, mich über die gesamten Thesen Som-

barts zu äußern. Ich erlaube mir, die These 2 als die grundlegende

herauszugreifen. Sie lautet:

„Die Soziologie ist eine Kultur-, das heißt Geist-, das heißt ver-

stehende Wissenschaft (Abgrenzung gegen die Naturwissenschaften).

Die Psychologie ist Hilfs-, nicht Grundwissenschaft“

3

.

Ich schließe mich dem Gedanken dieser These, daß die Soziologie

eine Geisteswissenschaft ist, an

4

. Die Fragen, die aus dieser These

entstehen, gehen auf das Verfahren unserer Wissenschaft: Was

heißt es, „die Soziologie ist eine Geisteswissenschaft“?, welches

l o g i s c h e G e f ü g e erhält dadurch die Soziologie?, welche

Forderungen für die Verfahrenlehre sind daraus zu ziehen? — Dar-

über bitte ich, mich ausführlich äußern zu dürfen.

Das Wesentlichste an Sombarts These ist die Bestimmung der

Soziologie als „Geisteswissenschaft“. In dem Begriffe „Geistes-

wissenschaft“ liegen die gesamten Denkaufgaben der Verfahren-

lehre beschlossen.

Es wird nützlich sein, zuerst einen l e h r g e s c h i c h t l i c h e n

Ü b e r b l i c k über die bisher versuchten Antworten zu erlangen.

Wir finden hauptsächlich die folgenden vor:

2

Erschienen in kürzerer Fassung bereits in: Verhandlungen.

3

Verhandlungen, S. 119.

4

Diesen Standpunkt habe ich von jeher vertreten. Vgl. z. B. meine Gesellschaftslehre,

Bd 4, Einleitung und Schlußabschnitt über Verfahrenlehre; Fundament der Volkswirt-

schaftslehre, Bd 3; Kategorienlehre, Bd 9.