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Subjektiver und objektiver Geist

v o n

R o l f A m t m a n n

Durch die schöpferische Wiedererweckung der idealistischen Philo-

sophie hat Othmar Spann dem G e i s t seine Würde, der mensch-

lichen G e s e l l s c h a f t ihre wahre Gestalt, der G e s c h i c h t e

ihren inneren, metaphysischen Sinn zurückgegeben und sie wieder zu

dem erhoben, was große Zeiten in ihnen gesehen haben. Er hat damit

nicht nur Altes und Vergessenes zu neuem Glanz und Leben gebracht,

er hat zudem neue Wege zum Wesen des Geistes aufgeschlossen.

Alles Geistige ist von gleicher Art und hat daher dasselbe Gefüge.

Die Struktur des objektiven Geistes, der menschlichen Gesellschaft,

kann grundsätzlich nicht anders sein als die des Einzelgeistes. Daher

nimmt der Weg der Erkenntnis seinen Ausgang vom Geiste des

Erkennenden, vom subjektiven Geiste. Durch das innere Erlebnis

seiner eigenen Geistesstruktur wird er zum Gefüge des objektiven

Geistes hingeführt. Selbsterkenntnis ist vor Welterkenntnis. Selbst-

erkenntnis, das heißt zuletzt: Erkenntnis des „Selbstes“, des meta-

physischen Hintergrundes des eigenen Ich. Die Erkenntnis der Ge-

sellschaft und der Natur kann, obwohl alle Selbsterkenntnis be-

gleitend, ja hervorreizend, erst eine abgeleitete sein.

Geist und Gesellschaft bedürfen zur Erfüllung ihres Auftrages der

Entfaltung und Gestaltung: sie haben Geschichte. Durch die Ge-

schichtsphilosophie wird die Geisteslehre vollendet. Die Lehre vom

s u b j e k t i v e n u n d o b j e k t i v e n G e i s t e bilden mit der

Philosophie der G e s c h i c h t e eine geschlossene Einheit.