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das an den Demokratien theoretisch zu untermauern, was ihnen zur

geschichtlichen Wirklichkeit verholfen hat, aber auch alle ihre

Schwächen schon „apriorisch“ aufzuzeigen.

Was soll das nun praktisch besagen: Die Demokratie ist vom Grund-

satz der A u s g l i e d e r u n g abzulehnen, nicht aber von der

R ü c k v e r b u n d e n h e i t her? Es bedeutet: Die Demokratie ist

nicht, was sie vorgibt, ein Instrument der politischen Willensbildung!

Sie ist aber eine großartige Institution zur W i l l e n s b e s t ä t i -

g u n g ; zwar kein Mittel zur Bildung eines „Führerstaates“, jedoch

ein Werkzeug zur Führungsbestätigung, kein „Führer“-, sondern ein

„Gefolgschaftsstaat“! Denn in der Demokratie geht die Willens-

b i l d u n g in Wahrheit grundsätzlich n i c h t vom Volke aus und

kann dies auch gar nicht. Die politische Willensäußerung erfolgt durch

die jeweiligen Führungsgremien oder sogar durch den obersten

Führer einer Partei. Von dieser Führung (bzw. von der „quasi-ständi-

schen“ Parteihierarchie) wird das Programm entworfen, vom Wähler

sodann bestätigt oder verworfen. Eine solche Bestätigung aber ist ein

ausgesprochener Akt der „Rückverbundenheit“! Ein Ausgliederungs-

prinzip besteht natürlich auch für die politischen Parteien sowie für

den demokratischen Staat selbst; es ist jedoch nicht das einer indivi-

dualistischen Demokratie. Denn die Demokratie ist nicht „konsti-

tutiv“, sondern „deklarativ“ (von oben) und sodann „rückverbin-

dend“ (von unten).

Sie ist ein in sich widerspruchsvolles Staatsgebilde. Da sie aber

nicht dem eigentlichen, inneren Gefüge des Staates entspricht,

sondern einer verhältnismäßig äußeren Schichte verhaftet bleibt, da

sie überdies ergänzt, ja geradezu integriert gedacht werden muß durch

die mehr oder weniger ständischen Gebilde der Arbeitnehmer- und

Arbeitgeberorganisationen sowie der verschiedenen Verbände und

Institutionen aller Lebensbereiche, die schon wegen der hinter ihnen

stehenden Wähler auch sehr viel „demokratisches“ Gewicht haben,

ist die Demokratie in der Geschichte das, was die Staatsmänner aus

ihr zu machen imstande sind.

Der Gedanke des „Ständestaates“ muß eine Diktatur (erst recht

eine Tyrannis) mehr noch ablehnen als die individualistische „Idee“

der Demokratie. Daß Spann sich vor allem gegen die letztere gewandt

hat, liegt in den Gegebenheiten seiner Zeit. Er sah sich damals eben