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2. Dezentralisation, Delegation, Subsidiarität

Die Schlüsselbegriffe der ganzheitlichen Gesellschafts- und Staats-

lehre fordern: Dezentralisation, Delegation und Subsidiarität. Zur

Klärung dieser oft unrichtig gebrauchten Begriffe noch Folgendes:

(1) Gesellschaftliche Dezentralisation bedeutet den Aufbau des

Gesellschaftsganzen aus den Gesamtständen, den großen Lebens-

kreisen, meint also das dezentralistische Gefüge der Gesellschaft als

ganzer und richtet sich gegen die Auffassung des Staates als der

einzigen Organisation des Lebens.

„In der Auswirkung des individualistischen Geistes ist es soweit

gekommen, daß das einst blühende und reich gegliederte, in einer

Fülle verschiedenartiger Vergemeinschaftungen entfaltete mensch-

liche Gesellschaftsleben derart zerschlagen und nahezu ertötet wurde,

bis schließlich nur noch die einzelnen Menschen und der Staat übrig-

blieben — zum nicht geringen Schaden für den Staat selber. Die

Gesellschaft verlor ihre Form und Führung und der Staat, der sich

mit all den Lasten belud, die vorher jene nun zerstörten Gemein-

schaften trugen, wurde unter einem Übermaß von Obliegenheiten

und Verpflichtungen zugedeckt und erdrückt“

6

.

(2) Die innerständische Dezentralisation oder Verwaltungsdezen-

tralisation meint die Übertragung von Aufgaben an die Untergebilde

der einzelnen Stände, z. B. die Übertragung von Aufgaben des

Bundesstaates an Länder, Bezirke und Gemeinden bei einer födera-

listischen Verfassung, oder die Übertragung wirtschaftlicher und

sonstiger Aufgaben an die Berufstände als an die Untergliederungen

der Wirtschaft.

(3) Die staatliche Dezentralisation, das heißt die Übertragung an

sich staatlicher Aufgaben an nichtstaatliche Gebilde, z. B. die Dele-

gierung an sich politischer Aufgaben an wirtschaftliche, kirchliche

oder andere Organisationen.

(4) Unter Subsidiarität versteht man den aus den entwickelten

Schlüsselbegriffen der ganzheitlichen Gesellschafts- und Staatslehren

6

Aus der Enzyklika Pius’ XI.: Über die gesellschaftliche Ordnung, ihre Wiederherstellung

und ihre Vollendung nach dem Heilsplan der Frohbotschaft (Quadragesimo Anno, 1931).