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daß zwar das Stoffliche und Technische aus dem Wesen und Begriffe
der Wirtschaft möglichst ausgeschieden, aber die Wirtschaft vom
Verbrauch („Konsumtion“), die Mittel oder Güter von den
Bedürfnissen (Zielen, Zwecken) nicht streng getrennt wurden. Den
„Verbrauch“, das heißt den Genußakt, in die Wirtschaft
hereinnehmen, bedeutet zuletzt: das Seelische zur Wirtschaft rechnen
und Wirtschaft mit Psychologie vermengen. Dies äußert sich schon
darin, daß die von Jean Baptiste Say zuerst eingeführte Einteilung der
Volkswirtschaftslehre in die Lehre von der Erzeugung (die nach wie
vor vom Technischen nicht ganz geschieden werden konnte), von der
Verteilung und vom Verbrauch auch von solchen Verfassern
aufrechterhalten wurde, die in der Erkenntnis des Wesens der
Wirtschaft die größten Fortschritte gemacht hatten.
So besonders Carl Menger, der zwar vom Stofflichen in der
Wirtschaft abrückt, die Wirtschaft als „auf die Befriedigung ihrer
Bedürfnisse gerichtete vorsorgliche Tätigkeit“ bestimmt
1
, aber
Verbrauch und Seelisches aus ihr nicht ganz ausscheidet. Menger
entwickelt den bisher klarsten und reichsten Wirtschaftsbegriff,
indem er Wirtschaft erklärt als:
1.
unter der Bedingung stehend, daß der Bedarf größer ist als die
verfügbare Quantität an Gütern (Knappheit);
2.
als das Bestreben, über jede Teilquantität der betreffenden in
knappem Mengenverhältnis stehenden Güter zu ver-/ fügen;
3.
dieselben zu konservieren;
4.
eine Wahl zu treffen zwischen der Befriedigung der wichtigeren
Bedürfnisse und der unwichtigeren, die unbefriedigt bleiben
müssen;
5.
endlich mit jeder gegebenen Teilquantität einen möglichst
großen Erfolg zu erzielen
2
.
Hiermit ist zwar das abwägende und wählende Moment im Begriff
der Wirtschaft wie nie zuvor bestimmt; ja Menger lehnt gelegentlich
einmal sogar ausdrücklich die Konsumtion als Akt der
1
Carl Menger: Grundsätze der Volkswirtschaftslehre, Wien 1871, S. 35 und
öfter; Untersuchungen über die Methode der Socialwissenschaften und der
Politischen Ökonomie insbesondere, Leipzig 1883, S. 232 ff. und öfter. Menger
folgen die meisten Späteren, so neuestens Karl Bücher: Grundriß der
Sozialökonomik, Abt. 1, Tübingen 1914, S. 3.
2
Carl Menger: Grundsätze der Volkswirtschaftslehre, Wien 1871, S. 51 ff.