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haben. In diesem abgeleiteten Sinne gehen daher von den
Kostengütern selbständige Preisbewegungen aus (z. B. bei Erschöpfung
von Erzlagern, aufwandsparenden Erfindungen); und der S a t z d e r
M e n g e r - S c h u l e , d a ß d i e K o s t e n g ü t e r l e d i g l i c h
n a c h d e n G e n u ß g ü t e r n — d e m G r e n z n u t z e n
d e s G r e n z e r z e u g n i s s e s — g e s c h ä t z t w ü r d e n ,
w i r d d a m i t h i n f ä l l i g .
Mit unserem Kostenbegriffe wird wieder ins Leben zurückgelenkt, nachdem die
Grenznutzenschule
jedwede
Selbständigkeit
der
Kosten
gegen
alle
Wirtschaftserfahrung leugnete
1
.
IV. Auseinandersetzung mit der Arbeitstheorie
Die leistungsmäßige Auffassung der Wirtschaft vermag auf sicherer Grundlage den
alten Streit zu entscheiden zwischen jener Ansicht, die das Wesen der Wirtschaft in
der Arbeit erblickt (Smith, Ricardo, Rodbertus, Marx) und folgerichtig den Wert in
objektiv meßbare Kostensubstanz, nämlich in Arbeitsmengen, auflöst; und der anderen
Ansicht, die es im Nutzen erblickt (ältere französische und deutsche Nutzwerttheorie,
neuere Nutzwert- oder Grenznutzentheorien). Welche Rolle Arbeit und Nutzen in der
Wirtschaft spielen, ist nach dem Bisherigen klar: Der Nutzen ist Leisten überhaupt, die
Arbeit ist nur eine besondere Form des Leistens. Der B e g r i f f d e r A r b e i t i s t
d a h e r n i c h t i n d e m s e l b e n S i n n e e i n „ G r u n d b e g r i f f “ w i e
d e r d e s N u t z e n s ! D i e A r b e i t (sowie ihr Hilfsmittel, das Gut) muß e r s t
i n G e s t a l t v o n L e i s t u n g e n i n N u t z e n v e r w a n d e l t w e r d e n ,
u m i n d a s l e i s t e n d e G r ö ß e n s y s t e m d e r W i r t s c h a f t e i n -
g e h e n z u k ö n n e n ; erst als Nutzen- und Kostenelement, erst als Leistungs-
g r o ß e kann die Arbeit ein „Wert“ werden.
Diese Einsicht zeigt, daß die Arbeitstheorie, die das Wesen der Wirtschaft auf Arbeit
zurückführt, falsch ist.
Nun besteht allerdings die Eigentümlichkeit, daß „Arbeit“ stets als „Arbeitsfreude“
oder „Arbeitsleid“ verwirklicht wird. Das Wesen der Wirtschaft kann aber
ebensowenig im Arbeitsleid, in der Mühe des Arbeitsaufwandes liegen, wie eine
psychologisierende Wendung der Arbeitskostentheorie will, die sogenannte Disutility-
Theorie von Marshall, Clark und anderen. Schwierigkeiten böte dann schon alle mit
Arbeitsfreude und frohem Schaffensdrang erfüllte Wirtschaft, die eigentlich keine /
Wirtschaft wäre, weil das Arbeitsleid fehlt! Diese Ansicht beruht einfach auf der
üblichen Verwechslung psychologischer und wirtschaftlicher Betrachtung. Das Leisten
der aufgewandten Arbeit ist allein wesentlich, denn die Aufwendung von Arbeit ist
ebensogut Aufwendung eines Mittels wie die Hingabe eines Sackgutes. Nicht Freude
und Leid sind wirtschaftlich wesent-
1
Vgl. darüber meinen Aufsatz: Gleichwichtigkeit gegen Grenznutzen (Jahrbücher für
Nationalökonomie und Statistik, Bd 123, Jena 1925, S. 289 ff.); jetzt enthalten in meinem
Buche: Tote und lebendige Wissenschaft, 3. Aufl., Jena 1929.