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lich, sondern das V e r h ä l t n i s des Mittels Arbeitsaufwand zum Ziel. Freude und
Leid sind nur die seelischen Begleiterscheinungen des Wirtschaftens, aber selbst nichts
Wirtschaftliches. Wie a l l e s P s y c h o l o g i s c h e k ö n n e n a b e r
A r b e i t s f r e u d e
u n d
A r b e i t s l e i d
d i e
B e d e u t u n g
e r l a n g e n , Z i e l e d e s W i r t s c h a f t e n s z u w e r d e n u n d
a n d e r e Z i e l e z u b e e i n f l u s s e n . Und damit vermögen sie allerdings
Bedingungen der Wirtschaft zu werden, niemals aber ihre Bestandteile
1
.
V.
Die Grenz-Leistungsgröße oder der Grenznutzen
Die Gleichwichtigkeit
Der Streit zwischen Nutzen- und Arbeitslehre ist bei der
leistungsmäßigen Betrachtung der Wirtschaft leicht zu schlichten, weil
die Wesenheit der Wirtschaft als Zielerreichung und nicht als Summe
von Gütern ohnehin feststeht. Anders liegt es auf dem Boden der Wert-
und Preistheorie. Hier konnte die Nutzwerttheorie so lange nicht den
Sieg über die Arbeitstheorie erringen, als sie nicht zeigte, in welcher
Weise die Nutzgrößen (Leistungsgrößen) auch die Rechengrößen der
Wirtschaft werden. Die ä l t e r e d e u t s c h e N u t z w e r t schule,
Jakob, Soden, Rau, Hermann, Bernhardi und andere, verfocht vergeblich
den Nutzwert gegen den Arbeitswert. Endlich glaubte die
G r e n z n u t z e n l e h r e im jeweils kleinsten Nutzen, den ein Gut aus
einem Vorrate stiftet, dem sogenannten „Grenznutzen“, jene Größe
gefunden zu haben, mit der man den Nutzen messe, berechnen könne.
Sie glaubte die R e c h e n g r ö ß e der Wirtschaft gefunden zu haben.
Der jeweils kleinste Nutzen steht an der Grenze der Nutzungen und
heißt daher mit Recht „Grenznutzen“. Er kann auch die Grenz-
Leistungsgröße genannt werden.
Vom Standpunkte unserer Auffassung der Wirtschaft aus, welche die
Leistung von der Leistungsgröße trennt, können wir die Frage der Wert-
und Preistheorie dahin formulieren: w e l c h e s d a s G e s e t z d e r
G r ö ß e n b i l d u n g d e r L e i s t u n g e n s e i ?
Die Grenznutzenlehre beantwortet diese Frage auf Grund des von von
Wieser so genannten „Gossenschen Gesetzes“. Dieses Gesetz sagt, daß
die einzelnen Stücke eines Vorrates nach der Reihe ihres Gebrauches
einen abnehmenden Nutzen stiften, also stets kleinere Leistungen
vollbringen oder, wie es die Grenznutzler auf psychologische Weise
ausdrücken, „immer weniger dringliche Bedürfnisse“
1
Vgl. unten S. 344 ff.