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w i r d v o m G e s e t z d e r I d e n t i t ä t u n d d e s W i d e r s p r u c h e s

b e h e r r s c h t , k e n n t a l s o w e d e r „ V e r s c h w e n d u n g - “

n o c h „ S p a r e n “ ; die generalisierende Begriffsbildung wieder, die alle

theoretische Wissenschaft beherrscht, hängt an der Auswahl des „Wesentlichen“ — von

„Ökonomie“, von Ausgleichen und Sparen finden wir hier nirgends eine Spur.

Dietzel, Amonn und ähnlich von Gottl haben diesen Gedanken (der wirtschaftliche

Grundsatz sei schlechthin das Vernunftprinzip) dahin gewendet, der wirtschaftliche

Grundsatz sei ein allgemeiner Grundsatz der Vernünftigkeit des H a n d e l n s und

könne darum kein Merkmal der Wirtschaft abgeben

1

.

Dieser Einwand ist mißverständlich. Handeln nach wirtschaftlichem Grundsatz

heißt nicht „rationales Handeln“ überhaupt (was freilich auch ein technisch richtiges,

künstlerisch richtiges, sittlich, rechtlich, staatsmännisch richtiges „rationales“ Handeln

in sich schlösse), sondern nur: rationales Handeln beim Abwägen und Widmen knapp

vorhandener Mittel für Ziele! Wo ein solches Abwägen stattfindet, ist aber immer und

notwendig Wirtschaft da, und wenn es stattfindet, ist es seiner Idee nach

selbstverständlich auch vernünftig und stets logisch. Daß alles Handeln die Forderung in

sich hat, vernünftig zu sein, kann nicht geleugnet werden; daß alles Handeln die

Forderung des U m g e h e n s m i t M i tt e 1 n — Ausgleichen und Sparen — in sich

trage, ist zu leugnen. Diese Forderungen finden sich nur dort, wo U m g e h e n m i t

M i t t e l n ist: in der wirtschaftlichen Seite jeder Art von Handeln. Das Handeln für

sittliche, staats- männische Ziele mit M i t t e l n unterliegt ihr ebenso wie das Handeln

m i t M i t t e l n für Nahrungsziele. Selbst der Feldherr muß mit Mann und Material

„sparen“ und Ausgleiche treffen. Das bedeutet allerdings nicht, daß die Schlacht ein

Wirtschaftsakt sei, es bedeutet nur, daß zweifellos in der Verwirklichung der

Feldherrnkunst auch ein wirtschaftliches Element liegt; das wesentliche Element der

Schlacht ist indessen ein anderes, etwa eines, das die Ursächlichkeit, die Technik der

Mittel angeht (z. B. daß an den entscheidenden Punkten die materielle Übermacht

anzuhäufen sei). Das vernünftige Umgehen mit Mitteln in der Wirtschaft hat aber die

Forderung nach einem spezifischen Gelten der Mittel in sich, nämlich als nach einem

rangordnungsmäßigen, das in Ausgleichung und Sparen seine Gestalt annimmt; das

technisch-rationale Umgehen mit Mitteln kennt nur die Richtigkeit, Restlosigkeit der

ursächlichen Wirkungen und Aufeinanderfolgen; das künstlerisch, sittlich, rechtlich

rationale Handeln kennt nur die künstlerische, sittliche, rechtliche Richtigkeit im

S i n n e d e r G e l t u n g i h r e r N o r m e n . Technisches, künstlerisches,

sittliches, rechtliches Handeln folgen also alle ihrem eigenen innersten Gesetz, nämlich

der ursächlichen Richtigkeit oder einem apriorischen Richtmaß des Schönen, Sittlichen

/ und Rechten — von w i r t s c h a f t l i c h e r Rationalität, vom wirtschaftlichen

Grundsatz ist

1

Heinrich Dietzel: Theoretische Socialökonomik (= Lehr- und Handbuch der

politischen Oekonomie, Hauptabteilung 2), Leipzig 1895, S. 175. — Alfred Amonn:

Objekt und Grundbegriffe der theoretischen Nationalökonomie, Wien 1911, S. 1, 169,

236 und öfter. — Friedrich von Gottl-Ottlilienfeld: Wirtschaft und Technik (Grundriß

der Sozialökonomik, Abt. 2, Tübingen 1914), S. 210, nimmt den wirtschaftlichen

Grundsatz vornehmlich als „Vernunftprinzip der Technik“ in Anspruch.