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grenzt zu sein und daher im Verhältnis der „Knappheit“,
Unzulänglichkeit, „Seltenheit“ zu den Zielen zu stehen. Diese
Grundtatsache gehört der technischen Seite der Wirtschaft an. Die
Natur bietet Ursächlichkeiten für die gewollten Wirkungen nicht
unbegrenzt dar. So ist es nur die Kehrseite der Überfülle der Ziele, daß
die Mittel in das Knappheitsverhältnis kommen. Beide Tatsachen
zusammen, Grenzenlosigkeit dort und Mangel hier, bilden die im
volkswirtschaftlichen Schrifttum so oft als Ausgangspunkt der
Wirtschaft bebezeichnete „ A b h ä n g i g k e i t d e s M e n s c h e n
v o n d e r ä u ß e r e n N a t u r “ . Es ist aber außer dieser äußeren
„Abhängigkeit“, nämlich von natürlichen Sachmitteln, auch jene von
der menschlichen Arbeitskraft selbst, welche die Wirtschaft beherrscht.
Der Mensch ist nicht nur von der Natur abhängig (etwa, weil er essen
muß), sondern er ist auch von seiner eigenen Tätigkeit und seinen
Fähigkeiten dazu „abhängig“, z. B. auch, weil er Kunstwerke, Schriften,
Reden, Kirchen, Schauspielhäuser braucht. Man kann dies in
entsprechendem Sinne die A b h ä n g i g k e i t d e s M e n s c h e n
v o n d e r i n n e r e n N a t u r n e n n e n , das heißt von seinen
Fähigkeiten und ihrer Anwendung / (Aktuierung) oder Arbeit. Der
„Knappheit“ an Naturmitteln entspricht die Knappheit an Arbeit oder
inneren Mitteln, und es zeigt sich ein a l l g e m e i n e r Mangel an
Mitteln, der jene „Abhängigkeit“ des Menschen begründet.
Ferner ist an dieser Stelle folgendes zu beachten: Es ist, wie oben
schon berührt, n i c h t e i n M e n g e n v e r h ä l t n i s , d a s i n
d e r
„ K n a p p h e i t “
v o n
M i t t e l n
f ü r
d i e
W i r t s c h a f t z u m A u s d r u c k k o m m t , s o n d e r n e i n
G ü l t i g k e i t s v e r h ä l t n i s ; es ist ein Fehlen von Vorzwecken,
welches bedingt, daß die wichtigen Ziele zuerst erreicht werden,
wodurch die Vorzwecke je ihre bestimmte Gültigkeit erlangen. Mit
anderen Worten: die „Knappheit“ bedeutet Fehlen von Vorzwecken
und setzt sich so um in Geltungsverhältnisse dieser Vorzwecke! Denn
durch jenes Fehlen treten die Geltungsgrade (Wichtigkeiten) der
Endzwecke erst handgreiflich in Erscheinung und werden Bedingung
für die ganz bestimmte Gültigkeit der Vorzwecke, und zwar, wie wir
später sehen werden, für eine r a n g m ä ß i g e Gültigkeit. Nicht eine
„Menge“ der Mittel bei einer „Menge“ von Zielen ist das Wesentliche,
sondern die Gültigkeitsgrade der Mittel für ihre Ziele. W o s o l l t e
i m B e g r i f f d e s Z i e l e s e i n M e n g e n e l e m e n t
l i e g e n ? Hier gibt es nur Gültigkeitsgrade; und daneben gibt es,