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suchen. Der Meister sprach: „Ein Gebildeter, der es liebt, zu Hause

zu bleiben, ist nicht wert, für einen Gebildeten zu gelten.“

1

Er-

gänzend bemerkt Wilhelm hierzu: Es ist noch heute eine bezeich-

nende Sitte in China, daß man bei der Geburt eines Knaben einen

Bogen über der Tür aufhängt, mit dem man vier Pfeile nach allen

Himmelsgegenden abschießt als Symbol für das Hinaustreten des

Knaben ins Leben.

Meister Yu (ein Jünger) sprach: „Daß jemand, der als Mensch

pietätvoll und gehorsam ist, doch es liebt, seinen Oberen zu wider-

streben, ist selten. Daß jemand, der es nicht liebt, seinen Oberen

zu widerstreben, Aufruhr macht, ist noch nie dagewesen. Der Edle

pflegt die Wurzel; steht die Wurzel fest, so wächst der Weg. Pietät

und Gehorsam: das sind die Wurzeln des Menschentums.“

2

Der

Meister sprach: „Wenn die Oberen Kultur lieben, so ist das Volk

leicht zu verwenden.“

3

Fan Tschi fragte nach dem Wesen der

(Staats)weisheit; der Meister sprach: „Menschenkenntnis.“ [Um

jeden an seinen rechten Platz in der Gemeinschaft zu setzen.] Fan

Tschi begriff noch nicht; da sprach der Meister: „Dadurch, daß

man die Geraden [die Tüchtigen] erhebt, daß sie auf die Verdreh-

ten [die Minderwertigen] drücken, kann man die Verdrehten ge-

rade machen.“

4

Dsi Gung fragte nach der rechten Art der Staats-

regierung. Der Meister sprach: „Für genügende Nahrung, für ge-

nügende Wehrmacht und für das Vertrauen des Volkes zu seinem

Herrscher sorgen.“ Dsi Gung sprach: „Wenn man aber keine

Wahl hätte, als etwas davon aufzugeben: auf welches von den drei

Dingen könnte man am ehesten verzichten?“ Der Meister sprach:

„Auf die Wehrmacht.“ Dsi Gung sprach: „Wenn man aber auch da-

von auf eins verzichten müsse, auf welches?“ Der Meister sprach:

„Auf die Nahrung. Von alters her müssen alle sterben; wenn aber

das Volk kein Vertrauen hat, so läßt / sich keine Regierung auf-

richten.“

5

Der Meister sprach: „Wenn ein tüchtiger Mann ein

Volk sieben Jahre lang erzieht, so mag er es auch benutzen, um die

Waffen zu führen.“ Und: „Ein Volk ohne Erziehung in den Krieg

1

Kungfutse: Gespräche, Buch XIV, 3, S. 149.

2

Kungfutse: Gespräche, Buch I, 2, S. 1.

3

Kungfutse: Gespräche, Buch XIV, 44, S. 167,

4

Kungfutse: Gespräche, Buch XII, 22, S. 131.

5

Kungfutse: Gespräche, Buch XII, 7, S. 122.