[224/225]
273
führen, das heißt, es dem Untergang weihn.“
1
— Der Meister
sprach: „Wenn nur jemand (ein Fürst) wäre, der mich verwendete
(als Minister)! Nach Ablauf von zwölf Monden sollte es schon an-
gehen, und nach drei Jahren sollte alles in Ordnung sein.“
2
Der
Meister sprach: „Der Gebildete richtet sein Streben auf die Wahr-
heit; wenn einer aber sich schlechter Kleider und schlechter Nah-
rung schämt, der ist noch nicht reif, um mitzureden.“
3
Überblickt man das Dargestellte, so zeigt sich die Gesellschafts-
auffassung Kungfutses auf zwei Grundgedanken aufgebaut: Leben
und Zusammenhalt jedweder Gemeinschaft durch innere Herrschaft
des Guten, durch sittliche Gestaltung des Verhältnisses aller, beson-
ders der Herrscher und Beamten zum Volke; und zum zweiten:
Festigkeit wird all diesen sittlichen Verhältnissen erst durch strenge
Formen und Zeremonien verliehen. Auf diesen beiden Grundsätzen
ruht die Staatslehre ebenso wie die praktische Staatskunst.
Es ist eine erhabene Auffassung von Staat und Regierung, die uns
diese Sprüche vermitteln. Keine knechtische und despotische Staats-
ordnung, sondern eine rein ethische, welche an die sittliche Größe
der Leiter des Staates wie seiner Bürger die höchsten Anforderun-
gen stellt.
Zum Abschied noch einen Spruch, der einen goldenen Strahl auf
die Persönlichkeit des Meisters wirft: „In der Frühe die Wahrheit
vernehmen und des Abends sterben, das ist nicht schlimm.“
Leider ist es hier unmöglich, auch noch auf L a o t s e, den größ-
ten chinesischen Philosophen, näher einzugehen. Wie sehr auch
Kungfutse durch Ausbildung seiner Ethik und des Kanons der
schönen Lebensformen von Laotse abzuweichen scheint, so sind doch
seine (unausgesprochenen) metaphysischen Voraussetzungen diesel-
ben, welche Laotse teils schon vorgefunden haben mag, teils aus
seinem eigenen unermeßlichen Weltgefühl geschöpft hat. Die Staats-
philosophie Kungfutses liegt in Laotses Werk, dem Taoteking, dem
„Buch vom Sinn („Tao“ eigentlich: der Bahn, dem Urgrund) und
dem (gött- / lichen) Leben“ schon vollständig vor, wie folgende
1
Kungfutse: Gespräche, Buch XIII, 29 und 30, S. 147.
2
Kungfutse: Gespräche, Buch XIII, 10, S. 138.
3
Kungfutse: Gespräche, Buch IV, 9, S. 33.
i8 Spann, 4