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begriffe bilden abermals ein Gesamtganzes. Auch die Irrtümer und das Negative,

die zur Belehrung einmal zu Ende gedacht werden müssen, müssen dem Positiven,

dem höchsten, richtigsten System gegenüberstehen. Sie bilden seine überwundenen

Bestandteile, gleichsam seine latenten Gegenspieler.

Ja, diese Notwendigkeit inneren, gliedhaften Gegensatzes geht noch weiter.

Selbst dort, wo nur noch Eine Ansicht, Eine sittliche Tugend, Eine geistige Rich-

tung da ist, herrscht sie doch nur kraft der Ü b e r w i n d u n g der falschen

Ansichten, der schlechten Triebe, Gefühle und Gedanken. Wer Wahrheit hat,

ist durch viele Irrtümer hindurchgegangen, wer Tugend besitzt, hat sie niemals

ganz von Geburt, sondern immer nur dadurch, daß er die schlechten Regungen

und Anlagen in sich überwand und sich sowohl die Kraft erbildete, neue schlechte

Regungen niederzukämpfen, als auch in die alten, schon überwundenen Fehler

nicht zurückzufallen. Wer Askese übt, hat die Begierde nicht im letzten Grunde

vernichtet, nur gebändigt — sie muß als Gegenspieler, als Möglichkeit des Gegen-

teils noch übrigbleiben. Schon daran, daß sowohl im Theoretischen als auch im

Sittlichen (auch im Künstlerischen, Religiösen) ein Rückfall in alte, mindere Stu-

fen möglich ist, zeigt sich, daß auch das scheinbar Einartige in sich eine latente,

weil überwundene Gliederung, enthält.

Aus all dem folgt: Es gibt gute und schlechte, höherwertige und

minderwertige, wahre und unwahre Gemeinschaften einer jeweili-

gen geistigen Welt, aber alle nur im weitesten Sinne, nur als organi-

sche Glieder eines Geistig-Gegensätzlichen — als Glieder, als geistige

Stände! Die g l i e d h a f t e

G e g e n s ä t z l i c h k e i t

d e r

G e m e i n s c h a f t e n g l e i c h t w i e d e r d e m O r g a n i s -

m u s , w o a u c h i m m e r n e b e n d e m v o l l k o m m e n

G e s u n d e n e i n K r a n k e s , E n t a r t e t e s v o r h a n d e n

i s t u n d n e b e n d e m s i c h B i l d e n d e n e i n s i c h

A u s s c h e i d e n d e s . Wir lernen daraus: daß j e d e G a n z - /

h e i t R a u m f ü r u n g e h e u e r e S p a n n u n g e n h a t

u n d n i c h t l e i c h t d u r c h g r o ß e G e g e n s ä t z e i n

d a s C h a o s z e r f ä l l t , daß jedes Leben durch die Auflösung

von Widersprüchen und Entartungen hindurch immer wieder seine

Einheit gewinnt. Das lehrt auch die Geschichte, in der selbst stärkste

Gegensätze nicht zum Verfall führen müssen!

Diese Ansicht von der Natur der Spannungen in der Gesellschaft

und ihrem Aufbau aus Gezweiungen führt zuletzt wieder zum Be-

griffe des g e i s t i g e n S t a n d e s , auf den wir schon früher

stießen. Die Gliedhaftigkeit eines Gezweiungskreises im Gesamtbau

des geistigen Kosmos macht ihn zum geistigen Stand. Die geistigen

Inhalte der Stände gehören jeweils in bestimmter Stellung der Welt

des Geistigen an, sie sind also „Glieder“ dieser Welt — allerdings

nicht gleichwertige. A u c h i n d e r n i e d e r e n g e i s t i g e n