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C. D i e ä u ß e r e E r m ö g l i c h u n g
Der eigenen logischen Begriffsentfaltung der Wissenschaft tritt
als gesellschaftliche Entwicklungsbedingung außer der Aufgaben-
stellung noch gegenüber: die äußerliche Ermöglichung wissenschaft-
licher Forschungsarbeit.
Damit wissenschaftliche Forschungs- und Erkenntnistätigkeit /
systematisch betrieben werde, bedarf es
erstens gewisser w i r t s c h a f t l i c h e r V o r b e d i n g u n -
g e n , besonders einer Tätigkeit im Hauptberufe oder wenigstens
im Nebenberufe, wofür die nötigen wirtschaftlichen Unterhaltsmit-
tel zur Verfügung gestellt werden müssen. In einfacheren Verhält-
nissen ist es namentlich der P r i e s t e r s t a n d , heute sind es
hauptsächlich die „ g e l e h r t e n B e r u f e “ in Verbindung mit
dem h ö h e r e n S c h u l w e s e n , in geringem Maße auch mit
selbständigen
F o r s c h u n g s a n s t a l t e n ,
A k a d e m i e n ,
Stiftungen, wo die äußeren Möglichkeiten der Forschung geboten
werden.
Zweitens bedarf es dazu auch t e c h n i s c h e r V o r b e d i n -
g u n g e n . Um z. B. die Physik der Töne zu erforschen, muß es
Klaviere, Geigen oder ähnliche Klangwerkzeuge geben. Um den
Himmel zu erforschen, muß das Fernrohr erfunden sein. Ähnlich
ist die Technik des Buch- und Schriftenwesens, der Bücherei, Labora-
torien, Beobachtungs- und Hilfsanstalten aller Art nötig, um die
Forschung in weiterem Maßstabe als in dem rein persönlicher
Denktätigkeit zu ermöglichen.
Drittens bedarf es noch einer p l a n m ä ß i g e n V o r s o r g e
f ü r d i e Ü b e r l i e f e r u n g des jeweiligen Schatzes an Kennt-
nissen, Begriffen, Lehren und den Techniken dazu. Dafür reicht
mündliche Überlieferung kaum aus. Das Wissen muß in Büchern,
Sammlungen, Museen und dergleichen auch in o b j e k t i v e r
Form aufgehoben werden. Und mit dieser Aufspeicherung von
M i t t e i l u n g s g ü t e r n muß endlich auch eine s y s t e m a t i -
s c h e E r z i e h u n g i n d e n W i s s e n s c h a f t e n Hand in
Hand gehen, sonst verfällt die Wissenschaft und muß erst nachträg-
lich auf Grund der Vorgefundenen Zeichen mühsam wiederherge-
stellt werden.