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Auch von der gesamten äußeren Ermöglichung wissenschaftlicher
Tätigkeit durch die Gesellschaft gilt natürlich, daß sie nur ein Aus-
lösen von Entwicklung, keine innere stoffliche Einflußnahme auf
sie bedeutet. Die b l o ß e D a r b i e t u n g ä u ß e r e r M i t t e l
i s t a n s i c h n o c h v ö l l i g m a c h t l o s u n d n e u t r a l .
Begriffsentfaltung und Aufgabenstellung haben den V o r r a n g
vor ihr.
D.
Die g e s e l l s c h a f t l i c h e n L e i s t u n g e n d e r W i s -
s e n s c h a f t
sind im wesentlichen
(1) mit den Aufgaben, die ihr von der Gesellschaft gestellt werden
und
(2)
mit der Stellung der Wissenschaft im Leben bestimmt. Im
Leben leistet sie zunächst, wie sich ergab, eine allgemeine, über das
praktische Wissen, das im Handeln liegt, hinausgehende Zurecht-
findung.
/
Was die großen Naturgewalten, was Blitz und Donner sind, wie das Wachs-
tum der Pflanzen, die Wirksamkeit von Werkzeugen, Waffen, Arzneien und
sonstigen Hilfsmitteln des Lebens zu beurteilen sind — solche Erkenntnisse wirken
auf den Geist des Menschen befreiend, beseitigen Aberglauben, Furcht und Ab-
hängigkeit von unsichtbaren Kräften und sind ihm zugleich von solcher prakti-
scher Bedeutung, daß sich durch sie allein schon der Wert seines Daseins erhöht.
Ohne die Ausstattung des Geistes mit einem Schatz von Wahrheiten ist auch
keine Entfaltung der religiös-philosophischen, künstlerischen, moralischen Seiten
des menschlichen Geistes möglich. „W i s s e n i s t M a c h t “ kennzeichnet so-
wohl diese innere Befreiung und Erweiterung wie die praktisch-technische Er-
höhung der menschlichen Kräfte.
Wir nennen die Leistung der Wissenschaft nach den zwei angege-
benen Seiten hin:
(1)
die theoretische Orientierungsleistung oder Zurechtfindung
und
(2)
die praktische Verwertungsleistung der Wissenschaft. Dazu
kommt ihre Leistung als Kulturinhalt (Teilganzes).
Die Orientierungsleistung überträgt sich unmittelbar ins Gesell-
schaftliche und erscheint dort
(a)
in praktisch-technischer Gestalt als Leistung der Wissenschaft
für das Handeln in Wirtschaft, Krieg, Staatswesen,
(b)
in geistiger Hinsicht als Leistung für die Kulturentwicklung.