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Stellung (die Unterwerfung unter ein Gemeinsames) als Glieder der
Rechtsordnung erlangen. Daher jeder Vertrag zugleich eine Sonder-
anwendung (Konkretisierung) der Rechtsordnung ist.
Von Satzung und Gewalt gilt ähnliches wie oben, auch die organisierten In-
halte sind ähnliche, obwohl stark erweitert. Die organisierende Handlung (das ist
eben die „Verabredung“ selbst) ist aber schon deutlich von Satzung und be-
einflussender Gewalt getrennt.
Ausdrückliche Verabredungen bestehen insbesondere als Organi-
sationen jener persönlichen Beziehungen, die man als „G e s e l-
l i g k e i t“ zusammenfaßt. Besondere Zusammenkünfte, Feste, Aus-
flüge, Jours bestehen aus derartigen Verabredungen, auch der „Sa-
lon“ und ähnliche Einrichtungen lösen sich darin auf.
3.
Der V e r e i n
Der Verein ist eine freiwillige Anstalt. Zur geschriebenen Sat-
zung treten als Verhaltungsmaßregeln noch ausdrückliche Verab-
redungen, besondere Beschlüsse und Weisungen hinzu. Diese aus-
drücklichen Vorschriften heben sich aber nur von dem allgemeinen
Hintergrund ab, welcher in Moral, Sitte, Konvention gegeben ist.
Dieselben Gewalten, welche die stillschweigende und ausdrückliche
Verabredung regieren, sind daher hier gleichfalls unentbehrlich. /
Bekannt ist die große Bedeutung, die das Vereinswesen zu allen Zeiten der
Geschichte eingenommen hat und die ihm auch bei den Naturvölkern nicht
fehlt, so zum Beispiel in Form der „M ä n n e r b ü n d e“
1
. Als geschichtlich
bedeutsam, bisher aber in der Wissenschaft unterschätzt, sind die G e h e i m -
b ü n d e zu betrachten. Unter ihnen ragt in neuerer Zeit die F r e i m a u r e r e i
hervor. In älterer Zeit beruhte unter anderem die F e m e auf Geheimbünden.
— Heute sind es in der Wirtschaft die Gewerkschaften und Kartelle, in der
Politik die vereinsmäßig organisierten Parteien, welche die größte Rolle spielen.
Auf allen Gebieten des geistigen Lebens aber spielen sich die bedeutsamsten
Vorgänge in veranstalteter Form, das heißt in Vereinen ab
2
. — Die K ö r p e r -
s c h a f t e n wie Zünfte, Innungen, Handelskammern, Arbeiterkammern sind
Vereine mit Zwangscharakter und haben bereits die Bedeutung des organi-
sierten
Standes
3
.
Vereine sind jene Veranstaltungen, die am meisten individualistisch betrachtet
werden: als Verband, in den man „eintritt“. Aber bildet nicht auch der Verein
das Geistige seiner Mitglieder um? A u c h e r i s t e i n e „ A u s g l i e d e r u n g “ ,
n i c h t e i n „ Z u s a m m e n t r i t t“
4
.
1
Über sie siehe unten S. 530.
2
Vgl. auch oben S. 503 f.
3
Siehe oben S. 455 ff.
4
Vgl. den „Verbandswechsel“ oben S. 159.