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Beeinflussung), wie sachlich fördert (durch Veranlassung, zugleich
Erziehung); und indem umgekehrt die Gemeinschaft nach Organi-
sation verlangt, indem sie durch ihre lebendigen Impulse die Anstalt
stets neu gestaltet, ist das Verhältnis zwischen beiden grundsätzlich
bestimmt. Manchmal scheint es in Beispielen der Praxis, als sei die
Veranstaltung das eigentlich schöpferische Element, das sich seinen
Inhalt schaffen kann. So beurteilt man in der Geschichte und Politik
oft die Schöpfungen großer Stifter, z. B. Alexanders des Großen,
Karls des Großen, Napoleons, Bismarcks; oder / namentlich die
Schöpfungen der Unternehmer, wie der Fugger, Krupp, Rothschild,
der amerikanischen Trusthelden; und uns selbst erschien
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der große
Stifter als der Hervorreizer, der Schöpfer des gestifteten Werkes.
Aber die Erfahrung hat auch Gegenbeispiele, welche zeigen, wie
kräftige Organisationsformen plötzlich leere, erstorbene Inhalte
zeigen. So der Verfall der Friedrizianischen Armee bis Jena und
Auerstedt, das Wirken des Perikies, Demosthenes, der Verfall der
Kirchen.
Um hier klar zu sehen, muß man auf die letzte Wurzel zurück-
gehen. Es ergibt sich eine Einheit von Gemeinschaft und Veranstal-
tung bei logischem Primat der Gemeinschaft. Veranstaltung ist nur
der Ausdruck f o r t g e s e t z t e r Gemeinschaftsbildung. Dieselbe
Kraft, die zur Gemeinschaftsbildung antreibt, ist bestrebt, die her-
vorreizenden Handlungen, die Veranstaltung, zu setzen! „Veranlas-
sung“ von Gemeinschaft durch organisierende Handlungen (Bei-
spiel: Bildungsverein) entspringt den schon bestehenden geistigen
Gemeinschaftsvorgängen; die Wegbahnung dafür entspringt dem
gleichen geistigen Grunde und ist der Trieb, alle Handlungen am
vollkommensten, g e m e i n s c h a f t s g e r e c h t e s t e n gestaltet
zu sehen. Organisation als scheinbar dienende Magd für die Ge-
meinschaftsbildung ist doch zugleich die Entfaltung dieses Bildungs-
vorganges. Insofern ist sie dann ebenso primär wie der geistige Vor-
gang der Gemeinschaftsbildung selbst. Als Form für sich gedacht
aber, also „leer“, ist sie nicht nur nicht primär, sondern ein wesen-
loses Scheinding. Die A n s t a l t i s t S c h ö p f e r u n d G e -
s c h ö p f d e r G e z w e i u n g , d i e G e z w e i u n g S c h ö p -
f e r u n d G e s c h ö p f d e r A n s t a l t . Den Vorrang hat die
Gezweiung.
Siehe oben S. 503 f.