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großen, auch ein Grundzug rassenmäßig gleichartiger Anlage. Da-
her hat der westfälische Bauer eine andere Geistes- und Lebensrich-
tung als der russische, als der bosnische.
(2) Wichtig ist zu beachten, daß die Kulturfähigkeit der großen
Menge selbst bei sehr gesteigerter Volksbildung bei allen Völkern
verhältnismäßig gering ist. V o l k s t u m r e i c h t n u r s o w e i t ,
a l s d i e K u l t u r f ä h i g k e i t d e r M a s s e r e i c h t . Denn
nur so weit die Teilnahme an den geistigen Gemeinschaften reicht,
kann auch der Unterschied zwischen Menschen verschiedenen Volks-
tums reichen, ja geradezu die wahre (reale, von der natürlich die
vermeintliche, subjektive abweichen kann) Zugehörigkeit zur Na-
tion. Hier ist abermals zu beherzigen: Volkstum ist in Hinsicht auf
die teilnehmenden Massen ein Gradbegriff.
Die durch die abgeleiteten Gemeinschaften gegebenen Denkinhalte gehören
natürlich trotzdem zum Denkinhalt der nationalen Gemeinschaft: aber nur zu
ihren Außenwerken, nicht zu ihrem innersten Wesen, nur peripherisch, nicht
spezifisch, nur akzidentiell, nicht grundsätzlich, nur stoffüllend, nicht form-
gebend. Daher liegen denn auch die Unterschiede der Volkstümer in ihren
weltanschauungsmäßigen, kulturellen Idealen, in den ihrer Natur gemäßen
geistigen Zielen und Richtungen: im wirtschaftlich-technischen Leben sind und
waren sie einander von je wesentlich gleicher, wie die früheren Hinweise auf
Handels-, Industrie- und Hirtenvölker gezeigt haben. Vertreter der materiali-
stischen Geschichtsauffassung, denen Wissenschaft, Moral, Religion usw. nur
„Reflex“ äußerer Verhältnisse, „Überbau“ der Wirtschaft ist, sind daher ganz
im Rechte, den Begriff des Volkstums abzulehnen; für sie gibt es keine tragenden
geistigen Gemeinschaften — der fürchterliche Nihilismus und Materialismus dieser
Auffassung erscheint hier in hellem Lichte.
Ist die organische Einheit der Kulturgemeinschaften nur eine
gradmäßige (1); ist ferner die Einheit der abgeleiteten Gemein-
schaften noch geringer (2); ist endlich die Fähigkeit der Menge, an
den höheren Kulturgütern sowohl wie auch nur an den abgeleiteten
Gemeinschaften teilzunehmen (3), bei allen Rassen sehr beschränkt,
so haben wir bereits in d r e i f a c h e r H i n s i c h t d i e b l o ß
g r a d u e l l e E i n h e i t „ V o 1 k s t u m “ f e s t g e s t e l l t :
hin-
sichtlich der Einheit der Kulturinhalte, der Einheit der übrigen
geistigen Inhalte des Lebens und schließlich des M a ß e s der Teil-
nahme aller Glieder einer Nation an ihr. Unser früher gewonnener
Satz: nur so weit die Kulturfähigkeit der einzelnen Menschen und
ihre tatsächliche Teilnahme an dem Volks- / tum reicht, reichen
auch die nationalen Unterschiede, erweitert sich nun unter diesem