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notgedrungen in geistigen Verkehr treten. Weiter ausgreifende Ver-
gemeinschaftung hängt dann aber auch noch vom Vorhandensein
und der Kenntnis der nötigen Wiederholungsmittel der Sprache
(Schrift, Druck, Buch und Zeitungswesen usw.) ab.
Da die S p r a c h e , wie wir früher sahen, gegenüber ihren Wiederholungs-
mitteln durchaus beherrschend ist, kann Gleichheit der Sprache zur massen-
mäßigen Gemeinschaftsbildung nur in verhältnismäßig wenigen Fällen entbehrt
werden: gute Kenntnis fremder Sprachen (als Massenerscheinung an den Sprach-
grenzen von Bedeutung); Übersetzungen, Wiederholungen von Bildwerken,
Plastiken; Noten (eine unsprachliche Zeichenschrift!); auf Schilderung von Tat-
sachen sich beziehendes Nachrichtenwesen (wenn an der New Yorker Börse die
Kurse fallen, steht dies in allen großen Tageszeitungen der Welt); Ausstellungen,
Museen; Basierung des Bildungsinhaltes auf gleichartige geschichtliche Ereig-
nisse und Grundlagen — das sind die wichtigsten Mitteilungsvorgänge außer-
halb gemeinsamer Sprache. — Ferner: Daß alle neueren europäischen Völker ihre
K u l t u r auf die Antike gründen, ist für ihre nationale Verwandtschaft von
größter Bedeutung. Denn diese Tatsache heißt nichts Geringeres als: daß wir
alle mit dem Volkstum der Griechen und Römer in Vergemeinschaftung begrif-
fen sind. Daher denn auch das allgemeine Studium der Alten (namentlich ihrer
Sprachen) nur vom Standpunkte des höchsten Wertes ihrer Kulturerzeugnisse
und der innersten Verwandtschaft mit dem Germanentum aus völkisch zu be-
grüßen ist, andernfalls aber als völkische Gefahr betrachtet werden müßte.
Sieht man die Dinge so an, dann begreift man auch den ü b e r -
v ö l k i s c h e n G e i s t d e s M i t t e l a l t e r s . Indem auf der
einen Seite bei eigener völkischer Jugendlichkeit die produktivste
Kulturquelle in Bibel und christlich-antiker Überlieferung sich er-
schloß, andererseits im Latein die Sprache der Bildung in ganz
Europa nur Eine war, konnten und mußten die völkischen Eigen-
arten zurücktreten. Wer Latein lernte, trat in den Einen geistigen
Gemeinschaftskreis ein, der für alle Völker derselbe war. Die gleiche
Sprache aller Gebildeten bewirkte also im Mittelalter eine Aus-
dehnung des örtlichen Umkreises der Gemeinschaftsbildung über
ganz Europa und zugleich eine Vergemeinschaftung mit einem ein-
zigen überlegenen Kulturkreis, dem christlich-antiken. Das war
a u c h a l l e i n d i e Z e i t , w o d i e R e l i g i o n v o l k s -
t u m b i l d e n d w i r k e n k o n n t e , dadurch nämlich, daß das
Christentum der Träger des ganzen Bildungsinhaltes war, daß also:
viele Völker durch das Mittel einer einzigen Literatursprache (1)
in einen überlegenen und gemeinsamen Bildungskreis (2) hineinver-
gemeinschaftet wurden, welcher auf ein beherrschendes Kultur-
element, die Religion, abgestimmt war (3).
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