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d i e d a h i n t e r s t e h t . Der Widerstreit der Volkheiten erhält
damit ein ähnliches Gesicht wie der Streit verschiedener Theorien
in der Wissenschaft, verschiedener Schulen in der Kunst, Wissen-
schaft, Religion.
So betrachtet, liegt die Wahrheit im geistigen Kampf der Natio-
nen nirgends anders, als wo sie auch im Kampfe der Meinungen
liegt, wo sie in Wissenschaft, Philosophie, Kunst und Sittlichkeit
an sich liegt — das übersieht der Kosmopolitismus und Internatio-
nalismus. Er ist daher sentimental, aber nicht wahr, nicht wahrhaf-
tig. Er sieht der Tatsache, daß es genauso wie gute und schlechte An-
sichten auch / höher- und minderwertige Nationen und Kulturen
gibt, nicht ehrlich ins Gesicht.
Das bestätigt auch der flüchtigste Blick auf die großen weltgeschichtlichen
Gegensätze der Völker. Der Gegensatz zwischen römischem und griechischem
Wesen im Altertum, englisch-französischem und deutschem Wesen von heute
ist im Grunde kein anderer als der zwischen Empirismus und Idealismus. Der
Grundzug indischen, griechischen, deutschen Wesens war rein idealisch. Die
Slawen sodann teilen diesen Zug, sofern auch sie durchaus nicht auf empiristi-
scher Seite sind. Gewiß lebt in ihnen ein auf das Metaphysische, auf das Inner-
liche in der Welt gerichteter Sinn. Das beweist das zahlreiche, zersplitterte
Sektenwesen in Rußland, das beweist die ganze Artung des russischen Schrift-
tums und zuletzt Tolstois Prophetentum. Aber ganz anders zeigt sich die sla-
wische Natur im Handeln. Dem Osten scheint in diesem Punkte von dem Syllo-
gismus der nordischen Rasse etwas zu fehlen. Geringe Fähigkeit, in zielbewuß-
tem Ausdauern eine Aufgabe zu vollbringen, tritt hier oft hervor. „Gestalten-
fülle ohne Gestaltungskraft“ scheint slawisches Wesen in seinen Vor- und Nach-
teilen vor anderem zu bezeichnen, wenn man die typischen Gestalten nicht nur
des slawischen Schrifttums (man erinnere sich an Dostojewskis und Weressajews
Romane, Andrejews, Korolenkos, Bunyins, Tschechows Novellen und Skizzen,
Gorkijs Nachtasyl), sondern auch der russischen Geschichte ins Auge gefaßt. Ja
die Geschichte scheint zu zeigen, daß die Slawen ohne fremde Hilfe kaum einen
Staat schaffen konnten. Dieser Schwäche scheint grundsätzlich die Despotie als
Staatsform zu entsprechen (denn Schwache müssen streng regiert werden). Un-
haltbar ist es daher, Rußland als das um 200 Jahre jüngere Europa aufzufassen.
Vielmehr bilden (trotz des wunderbaren metaphysischen Grundzuges, nament-
lich im Russentum) die Neigung des Slawentums zum Despotischen, der Zug
zur Apathie und zur Melancholie organische Entsprechungen; ebenso wie der
krankhafte Ehrgeiz dieser Gebrochenheit entspricht und in der bekannten rus-
sischen „Prestige“-Politik vor dem Krieg seinen Ausdruck fand. Das Bolschewi-
kentum paßt in gewisser Weise zu diesen Zügen. — (Von dieser Kennzeichnung
sind die Tschechen, die aus dem slawischen Rahmen herausfallen und doch auch
zum Germanentum nicht vordrangen, auszunehmen.)
Unserem Begriff des Volkstums entspricht es auch, daß jede
volkstumspolitische Bewegung, von der die Geschichte meldet, das
Gepräge einer Kulturbewegung hatte; und zwar sowohl, wenn sie