576
[485/486]
im Ganzen ist; diese ist aber, wie frühere Untersuchungen ergaben,
bezeichnet durch den Begriff der G e r e c h t i g k e i t . Gerechtig-
keit steht gegen Freiheit, nicht-utilitarische Auffassung gegen utilitarische
Auffassung des Rechtes. Das sind die verschiedenen Aus-
gangspunkte beider Lehren.
1. S i t t l i c h k e i t u n d R e c h t
Sittlichkeit und Recht ergaben sich uns als eine ursprüngliche
Einheit. Wir bestimmten sie als die W i e d e r v e r v o l l k o m m -
n u n g s o r d n u n g , die zur Vervollkommnung der praktisch nur
in Fehlausgliederungen gegebenen Gezweiungen und Werktümer
führen soll. Als Wiedervervollkommnungsordnung sind Sittlichkeit
und Recht zugleich der Inbegriff der R a n g o r d n u n g d e r
W e r t e , denn sie bestimmen, was wertvoll ist in Gezweiung und
Werktum und in welcher Stufenfolge. Damit bestimmen sie endlich
auch, was und in welchem Maße die als vollkommen und wertvoll
bestimmten Inhalte Ziele des Handelns sein sollen, sie schließen auch
in sich eine R a n g o r d n u n g d e r Z i e l e des Handelns. Diese
drei
Bestimmungsstücke:
W i e d e r v e r v o l l k o m m n u n g s -
o r d n u n g , W e r t o r d n u n g u n d Z i e l o r d n u n g — die
alle drei in ihrer Weise immer dasselbe sagen, nur von einem andern
Gesichtspunkte aus gesehen — bezeichnen also den allgemeinen Be-
griff von Sittlichkeit und Recht.
2
2. Das R e c h t i m b e s o n d e r e n
Die Frage, die nun auftaucht, ist aber, in welcher Weise sich das
Recht von der allgemeinen Sittlichkeit unterscheidet? Unsere Ant-
wort lautet: R e c h t i s t d i e z u r S a t z u n g e i n e r A n -
s t a l t b e s o n d e r t e S i t t l i c h k e i t .
Diese für die heutige Rechtswissenschaft befremdlich klingende
und zugespitzte Begriffsbestimmung bedarf weiterer Entwicklung
und Begründung. Sie ergibt sich zunächst in der genauen Klärung /
des Verhältnisses zur Sittlichkeit. Zwischen der Sittlichkeit als all-
gemeinen Inbegriffe der Wiedervervollkommnung, Wertordnung,
Zielordnung und dem Rechte, als der Satzung einer Anstalt, müssen
Zwischenformen, müssen Vermittlungen sein. Sie bestehen in dem,