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Einleitung. Die Grundfrage der Wesenstheorie
Die Grundfrage des Individualismus und Universalismus nach dem
Wesen der gesellschaftlichen Erscheinungswelt läßt sich nun an Hand /
der Vorstellung eines Mechanismus oder Organismus in dreifacher Weise
fassen, je nachdem man nach der primären Wirklichkeit, nach dem
Grunde oder nach den Bestandteilen der Gesellschaft fragt. Alle drei
Fragen sind nur verschiedene Fassungen derselben Einen Grundfrage:
n a c h d e m W e s e n d e r G e s e l l s c h a f t . Nur um diesen
bisher so sehr verkannten Fragepunkt, diesen springenden Punkt aller
Gesellschaftslehre gründlich aufzuhellen, führe ich alle drei Formen vor.
Es fragt sich:
1.
Was ist das Ursprüngliche, Primäre, Erste in der menschlichen
Gesellschaft: Der Einzelne oder das Ganze, Individuum oder
gesellschaftlicher Zusammenhang?
2.
Worin liegt der Grund für die menschliche Gesellschaft: in den
Einzelnen allein oder im Ganzen der Gesellschaft allein? Ber u h t d i e
G e s e l l s c h a f t a u f d e n E i n z e l n e n , o d e r b e r u h e n
d i e E i n z e l n e n a u f d e r G e s e l l s c h a f t ?
3.
Aus welchen Teilen besteht menschliche Gesellschaft? Besteht sie
nur aus den Einzelnen allein, ist sie eine bloße Zusammensetzung aus
solchen; oder besteht sie darüber hinaus noch aus etwas Eigenem, einer
über den Einzelnen liegenden Wesenheit, die im gesellschaftlichen
Ganzen als solchem läge?
Auf jede dieser Fragen gibt es außer den zwei grundsätzlichen
Antworten des Individualismus und Universalismus noch eine dritte,
welche ich die Abgeschiedenheitslehre nennen möchte, die wir aber
vorerst beiseite lassen. Sie wird erst später zu erklären sein.