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Die universalistische Wirtschaftsauffassung steht im grundsätz-

lichen Gegensatze zu der individualistischen. Die individualistische

Wirtschaftsauffassung führt alle Wirtschaftserscheinungen wie Preis,

Geld, Arbeitsteilung und so fort auf die eigennützigen Handlungen

der E i n z e l n e n zurück und betrachtet diese Einzelnen also als die

ursprüngliche, erste Wirklichkeit, gleich Atomen. Erst in dem Zu-

s a m m e n t r e f f e n der Wirtschaftshandlungen dieser Einzelnen

auf dem Markte (wo sich z. B. die Preise, die „Annahme der ab-

satzfähigsten Ware“ oder das Geld und dergleichen mehr ergeben),

vollzieht sich nach dieser Meinung die Bildung der wirtschaftlichen

Erscheinungen. Die Quelle dieser wären darnach also die Einzelnen

in ihrem (durch den Eigennutz bestimmten) „Verkehr“. Daher für

die individualistische Auffassung die gesamtwirtschaftlichen Erschei-

nungen folgerichtig nur „Verkehrswirtschaft“ sind. — Die univer-

salistische oder ganzheitliche (organische) Wirtschaftsauffassung da-

gegen geht davon aus: daß die Wirtschaft in jedem gegebenen

Augenblicke der Geschichte sich als ein G l i e d e r b a u wirtschaft-

licher Erscheinungen darstellt, genauer: als ein Gliederbau der Mittel

für Ziele; und daß die einzelnen Wirtschafter mit ihren Handlungen

sich als Teile dieses Gliederbaues erweisen. Nur nach Maßgabe seiner

G l i e d h a f t i g k e i t ist ein Mensch mit seinen Handlungen,

Kapitalien, Maschinen Wirtschafter, nicht nach subjektiven Absich-

ten und subjektivem Eigennutz. Die Eigenlebendigkeit und ver-

hältnismäßige Selbständigkeit, die „Initiative“ der Einzelwirtschaf-

ter, z. B. der Erfinder und Unternehmer, wird damit keineswegs ge-

leugnet, vielmehr in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung erst erklärt;

aber es wird betont, daß eine Handlung nicht, als rein technisch-

physikalische gesehen, Wirtschaft ist, sondern erst durch Eingliede-

rung in das jeweilige Ganze der Gesamtwirtschaft, das geschichtlich

immer schon vorgefunden wird und selbst durch die größten Erfin-

der und Wirtschaftsführer immer erst nachträglich umgebildet wer-

den kann.

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Wesentlich ist nun für unsere Frage der Selbstgenugsamkeit fol-

gende Überlegung. Indem die universalistische Auffassung die Wirt-

schaft als eine Ganzheit aus Gliedern erkennt, erkennt sie in ihr

auch innere Abstufung, das heißt einen jeweils geschichtlich be-

stimmten Stufenbau. Heutzutage geht dieser Stufenbau von der

W e l t w i r t s c h a f t zu jenen K r e i s e n v o n V o l k s w i r t -