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Ätherlicht, astrales Licht, Feuer- oder Äthermaterie der Gestirne,
Weltseele ist im Grunde dasselbe.
Wenn in der griechischen Religion der Äther jene Feuerluft ist,
worin die S t e r n e u n d d i e G ö t t e r w o h n e n , so sind
nun nicht nur Ursprung und Sinn dieser Vorstellung nach allem
Gesagten verständlich, sondern es sind auch das Ursprüngliche und
Abgeleitete daran, das heißt der Kern untrüglicher mystischer
Urerfahrung und die begriffliche Ausdeutung, welche gebrechlich
ist, trennbar.
Endlich wird von hier aus auch die bekannte platonisch-aristo-
telische Unterscheidung von L e i b , S e e l e u n d G e i s t erst
in ihrer eigensten Bedeutung klar; die menschliche Seele ist als
Lebenslicht des Leibes ein Teil des Weltenfeuers, der Weltseele;
der menschliche Geist dagegen gehört der höchsten Gottheit, dem
göttlichen Geist selbst an. Wird die Seele als das übermaterielle,
übersinnliche Lebensfeuer, Lebenslicht (als Vitalkraft) des Körpers
betrachtet, dann ist es nur folgerichtig, den Geist, das eigentlich
denkende und wahrhaft schöpferische Prinzip des Menschen von
ihr zu trennen. Und diese Folgerung zog wie Platon, so auch
Aristoteles. Dasselbe finden wir unter anderem bei dem from-
men Mystiker Bonaventura, wenn er drei Substanzen am Menschen
unterscheidet: die körperliche, die geistige und die göttliche. Letz-
tere ist das mystische Fünklein (synderesis, scintilla)
1
.
Die Anwendung der Lehre von der Weltseele auf die materielle
Natur wird angesichts der erweiterten Empirie des modernen
Naturwissens eine gewisse Berichtigung und Einschränkung erfahren
müssen. Die letzten Prinzipien dagegen scheinen uns unangreifbar.
Denn das vom Mystiker unmittelbar Erlebte und Erfahrene läßt
sich noch weniger aus der Welt schaffen und ist tausendmal gewisser
als das bloß empirisch Erlebte und Erfahrene mit seinen Unvoll-
ständigkeiten, Überraschungen und Täuschungen.
Weitere Ableitungen aus dem Begriff der Weltseele sind: P n e u m a , P r a n a ,
F l u i d u m , T a b u . Diese gehören aber in das Gebiet der Magie und des Got-
tesdienstes
2
.
1
Bonaventura: Itinerarium mentis.
2
Vgl. darüber unten S. 185 ff.