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„Ausgehend von dem Gedanken, den wir schon bei Malebranche ausge-

sprochen fanden, daß in den u r s ä c h l i c h e n Z u s a m m e n h ä n g e n

u n s n i c h t s a n d e r e s a l s d i e E r f a h r u n g d e r A u f e i n a n -

d e r f o 1 g e

46

, keineswegs aber die Erkenntnis eines kausalen Bandes gegeben

ist, gelangt Locke zu der Überzeugung, daß unsere Erkenntnis über die von der

Sinnes- und Selbstwahrnehmung gezogenen Grenzen überhaupt nicht hinaus-

reicht. Das Wesen der Dinge, die körperlichen wie die geistigen Substanzen,

die . . . verborgenen Ursachen bleiben uns dauernd verschlossen“

47

.

Diese Kennzeichnung des Ursächlichkeitsbegriffes gilt grund-

sätzlich für j e d e A r t v o n E m p i r i s m u s , namentlich

aber für die nachhegelische positivistisch-materialistische Philoso-

phie und die positive Wissenschaft des 19. und 20. Jahrhunderts.

(Sie gilt selbst für Kant, nur daß dieser die N o t w e n d i g k e i t

der Aufeinanderfolge im „Apriori“ des erkennenden Geistes be-

gründet fand.) Darum wird es keinen Kenner wundernehmen, wenn

er in einem trefflichen elementaren Lehrbuche der Gegenwart, das

von dem jüngst verstorbenen Professor der Philosophie an der Tech-

nischen Hochschule Dresden, Theodor Elsenhans, stammt, genau

dieselbe Erklärung der Ursächlichkeit findet wie bei Locke:

„Wir nehmen an, daß jede Erscheinung eine Ursache hat, und daß die gleiche

Ursache immer die gleiche Wirkung hervorbringt. Dieses Kausalitätsverhältnis

nehmen wir aber nicht unmittelbar wahr; was wir wahrnehmen, ist vielmehr nur,

daß die E r s c h e i n u n g b r e g e l m ä ß i g e i n g e t r e t e n i s t ,

w e n n d i e E r s c h e i n u n g a e i n t r a t . Daß a die Ursache von b ist,

das ist eine Annahme, die wir selbst hinzubringen und die durch die regelmäßige

Aufeinanderfolge vona und b nur veranlaßt ist“

48

.

Vieles ließe sich hierfür noch anführen. Ich verweise nur auf John

„Kraft“, die „wirkt“, ein „kausales Band“ oder eine „apriorische Kategorie“ (Kant) ange-

nommen wird, ist für die m e t h o d o l o g i s c h e S e i t e d e s U r s ä c h l i c h -

k e i t s b e g r i f f e s g a n z u n d g a r g l e i c h g ü l t i g . Denn diese Annahmen

(einer„Kraft“, eines „Apriori“) wollen nur die Gleichförmigkeit, Notwendigkeit der Abfolge

sicherstellen; die mechanisch-mathematische Erkenntnisform wird durch sie aber nicht im

allergeringsten berührt. Überall, wo mechanische Abfolge gesetzt wird, wird zugleich der

Sinn geleugnet, herrscht das mechanisch-mathematische Verfahren, gipfelnd im mathema-

tischen Funktionalbegriff; überall, wo sinnvolle Abfolge gesetzt wird, ist dieses Verfahren

unanwendbar und tritt an seine Stelle das teleologische oder sinnvoll-ganzheitliche.

46

Von mir hervorgehoben.

47

Else Wentscher: Geschichte, S. 75.

48

Theodor Elsenhans: Psychologie und Logik zur Einführung in die Philosophie, 5. Aufl.,

Berlin 1925, S. 39.